Der neue Ansatz zum Thema Trainingsvolumen
Ein kurzer Überblick
- Studien mit einer großen Bandbreite unterschiedlicher Populationen haben gezeigt, dass Muskeln bei einer großen Vielzahl verschiedener Wiederholungsbereiche wachsen.
- Wenn Trainingsprogramme anhand ihrer Anzahl von Sätzen aneinander angeglichen werden, resultieren sie im Allgemeinen in einem sehr ähnlichen Umfang an Muskelwachstum, was selbst dann gilt, wenn sie ein sehr unterschiedliches Trainingsvolumen umfassen.
- Zuwächse an Kraft und Muskelausdauer stehen trotzdem in einem sehr engen Verhältnis zum verwendeten Wiederholungsbereich.
- Zumindest wenn wir über ein hypertrophiebasiertes Training sprechen, ist es nützlicher das Trainingsvolumen als "Anzahl der harten Sätze pro Muskelgruppe" anstatt als "Sätze x Wiederholungen x Gewicht" zu definieren.
Der Weg, auf dem Trainierende für gewöhnlich ihr Trainingsvolumen berechnen (Sätze x Wiederholungen x Gewicht), besitzt einige entscheidende Nachteile
- Inhärent schwerere Übungen scheinen besser als leichtere Übungen zu sein (Du kannst z.B. bei Beinpressen mehr Volumen akkumulieren, als dies bei Kniebeugen der Fall ist und bei Kniebeugen fällt dieses akkumulierte Volumen höher als bei Frontkniebeugen aus).
- Ein Training mit einem niedrigeren Prozentsatz Deines 1 RM Gewichts scheint fast immer einem Training mit einem höheren Prozentsatz überlegen zu sein (3 x 10 mit einem fordernden Gewicht bedeutet mehr Volumen als 3 x 3 mit einem fordernden Gewicht).
Einfach nur die harten Sätze zu zählen, ist ein sehr viel einfacherer Weg, denselben Zweck zu erfüllen, ohne hierbei bestimmten Übungen oder Lastschemata gegenüber anderen einen Vorteil zu verschaffen.
Für Kraft und Muskelmasse ist es eine einfache Frage der Anzahl schwerer Sätze (80-85%+- des 1RM Gewichts), die Du ausführst, für Muskelmasse und Muskelausdauer ist es eine Frage der Anzahl der relativ leichten Sätze (65% des 1 RM Gewichts und darunter) und für eine Mischung aus beidem ist es eine Frage der Anzahl der harten Sätze, die Du im mittleren Intensitätsbereich ausführst.
Einleitung
So lange wie ich trainiere, höre ich immer wieder die Empfehlung, dass 1 bis 5 Wiederholungen für den Aufbau von Kraft, 8 bis 12 Wiederholungen für den Aufbau von Muskelmasse und 15 bis 20 Wiederholungen für den Aufbau von Muskelausdauer verwendet werden sollte.
Das Konzept der myofibrillaren Hypertrophie und der sarcoplasmatischen Hypertrophie, das für gewöhnlich verwendet wird, um die Unterschiede zwischen Kraftsportlern und Bodybuildern zu erklären, besagt, dass schwerere Gewichte kontraktile Proteine in den Muskeln aufbauen (myofibrillare Hypertrophe) und dass höhere Wiederholungszahlen (8 bis 12) den Fokus mehr auf eine Erhöhung des Sarkoplasmas (der Flüssigkeit) in den Muskeln legt.
Das Konzept der sarcoplasmatischen Hypertrophie wird jedoch nicht durch die wissenschaftliche Literatur unterstützt und Kraftunterschiede lassen sich leichter durch andere Konzepte erklären, die tatsächlich wissenschaftlich unterstützt werden.
Das American College of Sports Medicine empfiehlt Trainingsanfängern für Hypertrophie 1 bis 3 Sätze pro Muskelgruppe mit je 8 bis 12 Wiederholungen und 1 bis 2 Minuten Pause zwischen den Sätzen, zwei bis dreimal pro Woche auszuführen. Für erfahrene Trainierende liegt die Empfehlung für Hypertrophie bei einer Verwendung von 70%-100% ihres 1 RM Gewichts für 3 bis 6 Sätze mit von den Zielen abhängenden variierenden Längen der Pausen zwischen den Sätzen, bei einer 4 bis 7 Tage Frequenz (1). Empfehlungen für den Aufbau von Kraft sind ähnlich.
Untersuchungen der letzten Jahre (und Jahrzehnte der erfolgreichen Verwendung von Trainingsmethoden durch Sportler und Bodybuilder) haben jedoch gezeigt, dass diese Empfehlungen - auch wenn sie wahrscheinlich funktionieren - nur ein kleiner Teil des Gesamtbildes sind.
Vor kurzem verfassten Fisher et al ein Positionspapier, das bei jedem Satz eine maximale Intensität der Anstrengung empfiehlt (ein Training bis zum augenblicklichen Muskelversagen), wobei eine Last und eine Frequenz verwendet werden sollten, die den Zielen des Trainierenden entsprechen und nur ein einziger Satz pro Übung ausgeführt wird (2).
Zu guter Letzt veröffentlichte Brad Schoenfeld eine Meta-Analyse (ein Paper, das die Resultate mehrerer Studien zusammenfasst, um ein Schema im Bereich der wissenschaftlichen Literatur zu finden) zu den unterschiedlichen Wirkungen unterschiedlicher Wiederholungsbereiche auf Kraft und Hypertrophie.
Diese Meta-Analyse verglich niedrige Gewichte (<60% des 1 RM Gewichts) mit hohen Gewichten (>65% der 1 RM Gewichts) und fand heraus, dass es bei den höheren Gewichten eine größere Auswirkung auf die Hypertrophie als bei den niedrigeren Gewichten gab und dass die Kraftsteigerung bei der Gruppe mit den höheren Gewichten sehr viel größer ausfielen (3).
Eine nähere Betrachtung der analysierten Studien zeigt jedoch, dass 6 der 8 Studien, welche die Hypertrophie untersuchten, die Gruppen mit hoher Last mehr Sätze als die Gruppen mit niedrigerer Last hatten ausführen lassen. Wenn Du Dich etwas mit Krafttheorie beschäftigt hast, dann weißt Du wahrscheinlich, dass mehr Sätze auch mehr Zuwächse an Kraft und Muskelmasse stimuliere, weshalb dies eine offensichtliche verfälschende Variable ist.
Das Größenprinzip
Bevor wir uns mit den wirklich interessanten Aspekten des Themas befassen können, ist es wichtig, die grundlegende Physiologie der Muskelrekrutierung zu verstehen.
Während eine jeden Satzes, den Du bis zum Muskelversagen ausfuhrst, wird Dein Nervensystem zuerst die kleineren, langsam kontrahierenden Muskelfasern rekrutieren und erst dann auf die größeren, schneller kontrahierenden Fasern zurückgreifen, wenn die Kraftanforderungen erfüllt sind (4).
Sagen wir z.B. (wobei ist willkürliche Zahlen verwende, um das allgemeine Verständnis des Konzepts zu erleichtern), dass ich mit einer 25 Kilo schweren Kurzhantel 10 Curls ausführen kann. Während meiner ersten 3 Wiederholungen verwende ich unter Umständen nur kleine/langsam kontrahierende motorische Einheiten und Muskelfasern.
Zu Beginn der sechsten Wiederholung sind die kleinen Fasern bereits etwas erschöpft und können nicht länger genug Kraft produzieren, um das Gewicht zu bewegen und ich beginne größere Muskelfasern zu rekrutieren.
Nach der zehnten Wiederholung wurden alle Muskelfasern meines Bizeps rekrutiert und haben so viel Erschöpfung erfahren, so dass sie nicht länger genügend Kraft produzieren können, um das Gewicht zu bewegen, weshalb ich keine elfte Wiederholung mehr ausführen kann.
In der Realität ist das Größenprinzip natürlich etwas komplexer als dieses Beispiel, aber es reicht aus, um das grundlegende Konzept zu erklären.
Doch was geschieht, wenn ich anstelle der 25 Kilo Kurzhantel eine 12,5 Kilo schwere Kurzhantel verwende und mit dieser 25 Wiederholungen bis zum Muskelversagen ausführe? Das exakt selbe Schema wiederholt sich.
Dasselbe grundlegende Schema kommt auch bei Verwendung einer 37,5 Kilo schweren Kurzhantel, mit der ich 3 Wiederholungen bis zum Muskelversagen ausführe, zum Tragen.
Aus Sicht des Muskels geschieht in allen drei Fällen dasselbe: alle Muskelfasern wurden rekrutiert und letztendlich ist etwas geschehen, das dazu führte, dass sie weniger dazu in der Lage waren, Kraft zu produzieren.
Es gibt jedoch einige aktuelle EMG Untersuchungen, die in Zweifel ziehen, dass die größten/am schnellsten kontrahierenden motorischen Einheiten bei trainierten Kraftsportlern bei Sätzen mit hohen Wiederholungszahlen bis zum Muskelversagen rekrutiert werden (5), wobei es mehrere mögliche Erklärungen für die niedrigeren EMG Werte bei niedrigen Gewichten gibt - und darüber hinaus, hat sich das Größenprinzip in der Praxis bewährt.
Es könnte sein, dass die größten Muskelfasern bei einem Training mit niedrigeren Gewichten bis zum Muskelversagen tatsächlich rekrutiert werden, aber weniger Fasern gleichzeitig rekrutiert werden, was dazu führen würde, dass der EMG Ausschlag niedriger ausfällt.
Es könnte außerdem sein, dass trainierte Kraftsportler, die bereits über einen langen Zeitraum mit bestimmten Wiederholungsbereichen trainiert haben, dazu in der Lage sind, mehr Anstrengungen in diesen Wiederholungsbereich zu investieren (typischerweise über ein höheres Gewicht) und dass sie, wenn sie ein paar Wochen mit leichteren Gewichten trainiert hätten, gelernt hätten, auch hier entsprechende Anstrengungen hervorzubringen.
Was verursacht eine Erschöpfung der Muskeln?
Die Erschöpfung während eines Widerstandstrainings ist immer noch ein wackeliges Konzept. Wir wissen jedoch, dass wenn ein Muskel kontrahiert, stoffwechseltechnische Abfallprodukte gebildet werden. Zusätzlich hierzu wird der Blutfluss zum Muskel hin und vom Muskel weg während einer Kontraktion oder einer Zeit unter Spannung behindert, was zur Folge hat, dass diese Stoffwechselprodukte langsamer abtransportiert werden.
Wenn die Produktion von Stoffwechselprodukten schneller als deren Abtransport vonstatten geht, dann erhöht sich die Konzentration dieser Stoffwechselprodukte im Muskel und die Stoffwechselprodukte beginnen damit, die Muskelkontraktion zu beeinträchtigen.
Es ist außerdem wahrscheinlich, dass sie das Schmerzgefühl anregen und Dein Gehirn könnte diesen Schmerz als Signal interpretieren und entscheiden, weniger Anstrengungen in die Rekrutierung motorischer Einheiten zu investieren.
Was immer auch geschieht, ist mit ziemlicher Sicherheit eine Kombination von unterschiedlichen Effekten auf Ebene der Muskulatur und des zentralen Nervensystems.
Dieses Konzept lässt sich wahrscheinlich am besten durch eine Technik erklären, die als Blood Flow Restriction Training bezeichnet wird. Hier wird eine Bandage um einen Arm oder ein Bein gelegt, um den Blutfluss während eines Satzes zu reduzieren.
Bei Verwendung dieser Technik kann der Trainierende nur deutlich weniger Gewicht bewegen oder mit demselben Gewicht nur signifikant weniger Wiederholungen absolvieren, wobei jedoch dieselben Zuwächse wie bei einer Verwendung höherer Gewichte ohne Reduzierung des Blutflusses erzielt werden (6).
Aber warum ist dieses Konzept wichtig? Weil es zumindest an diesem Punkt so zu sein scheint, als ob die Muskelfasern rekrutiert werden und zumindest etwas Erschöpfung erfahren müssen, um zu wachsen. Etwas an diesem Erschöpfungsprozess signalisiert dem Körper, dass eine Hypertrophie beginnen soll.
Ich stelle mir gerne vor, dass jede Instanz der Erschöpfung eine geringe Menge an Hypertrophie stimuliert, so dass multiple Instanzen der Erschöpfung - multiple Sätze bis zum Muskelversagen - eine große Menge an Hypertrophie Stimulation aufbauen.
Die. Auswirkungen unterschiedlicher Wiederholungsbereiche auf die Hypertrophie
Nachdem wir jetzt über ein besseres Verständnis bezüglich einiger allgemeiner Hintergrundinformationen verfügen, können wir die Auswirkungen unterschiedlicher Wiederholungsbereiche auf das Muskelwachstum untersuchen.
Als erstes müssen wir Studien finden, die die Anstrengungen pro Satz kontrollieren, so dass wir keine Gruppe haben, die ihre Sätze nicht bis zum Muskelversagen ausführt (und somit nicht alle Fasern rekrutiert und erschöpft), wahrend eine andere Gruppe ihre Sätze bis zum Muskelversagen ausführt.
Als nächstes brauchen wir Studien, die das Trainingsvolumen (Gewicht x Wiederholungen) oder die Anzahl der Sätze kontrollieren. Wenn eine Studie eine Gruppe nur einen Satz bis zum Muskelversagen und eine andere Gruppe 10 Sätze bis zum Muskelversagen ausführen lässt, dann werden wir nicht dazu in der Lage sein, zu erkennen, ob Unterschiede bezüglich Kraft und Hypertrophie mit den verwendeten Wiederholungsbereichen oder mit der unterschiedlichen Anzahl an Sätzen zusammenhängen.
Glücklicherweise steht uns eine vernünftige Anzahl an Studien zur Verfügung, die das getan haben, was wir brauchen. Ich habe diese Studien in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Alle Sätze bei all diesen Studien wurden bis zum Muskelversagen ausgeführt.
Studie |
Kontrollierte Faktoren |
Untersuche Wdh.-Bereiche |
Hypertrophie Wirkung |
Kraft Wirkung |
Ausdauer Wirkung |
Weiss et al, 2000 (7, 8) |
Volumen-Last |
3-5 vs. 13-15 vs. 25-25 |
Kein Unterschied zwischen den Gruppen |
Größte Zuwächse im 3-5 RM Bereich, geringste Zuwächse im 25-25 RM Bereich |
Nicht untersucht |
Campos et al, 2000 (9) |
Volumen-Last |
3-5 vs.9-11 vs. 20-28 |
Kein Unterschied zwischen 3-5 und 9-11, keine Hypertrophie bei 20-28 |
Am stärksten bei der 3-5 Gruppe |
Am stärksten bei der 20-28 Gruppe |
Alcaraz et al, 2011 (10) |
Anzahl Sätze |
6 bei beiden Gruppen, aber eine hatte 30 Sek. und eine hatte 3 Min. Pause zwischen den Sätzen |
Kein Unterschied zwischen den Gruppen |
Kein Unterschied zwischen den Gruppen |
Nicht untersucht |
Mitchell et al, 2012 (11) |
Anzahl Sätze |
3 Sätze mit 30% des 1 RM Gewichts vs. 3 Sätze mit 80% des 1RM Gewichts vs. 1 Satz mit 80% des 1 RM Gewichts |
Kein Unterschied zwischen den Gruppen |
Am stärksten bei den 80% Gruppen |
Am stärksten bei der 30% Gruppe |
Schoenfeld et al, 2014 (12) |
Volumen-Last |
2-4 vs.8-12 |
Kein Unterschied zwischen den Gruppen |
Am stärksten bei der 2-4 Gruppe |
Nicht untersucht |
Van Roie et al, 2014 (13) |
Volumen-Last |
10-15 vs. 80-100 vs. 60 Wiederholungen mit 20% des 1 RM Gewichts, gefolgt von 40% des 1 RM Gewichts bis zum Muskelversagen |
Kein Unterschied zwischen den Gruppen |
Am stärksten bei der 10-15 Gruppe und der „seltsamen“ Gruppe / Gruppe 3 |
Nahm nur bei der 80-100 Gruppe zu |
Schoenfeld et al, 2015 (14) |
Anzahl Sätze |
8-12 vs. 25-35 |
Kein Unterschied zwischen den Gruppen |
Am stärksten bei der 8-12 Gruppe |
Am stärksten bei der 25-35 Gruppe |
Wenn man sich diese Studien näher ansieht, dann werden mehrere Schemata deutlich. Bei der Campos Studie produzierten die leichten Gewichte nicht so viel Hypertrophie wie die schwereren Gewichte. Die Gruppe mit den leichten Gewichten führte jedoch auch weniger Sätze als die Gruppe mit den schwereren Gewichten aus, um ein ähnliches Volumen zu erreichen.
Unter der Annahme, dass die Last keinen Unterschied macht (was möglicherweise eine gefährliche Annahme ist, die jedoch sicherer wird, wenn man die gesamte Literatur in Betracht zieht), scheint dies darauf hin zu weisen, dass die Anzahl der Sätze das sein könnte, was die Hypertrophie bestimmt. Bei der Schoenefeld Studie aus dem Jahr 2014 führte jedoch eine Gruppe Übungen mit 3 Sätzen a 10 Wiederholungen aus, während die andere Gruppe Übungen mit 7 Sätzen a 3 Wiederholungen ausführte (wobei auch hier die Volumen-Last bei beiden Gruppen gleich war). Wenn die Anzahl der Sätze das ist, was entscheidend ist, dann sollte die 7x3 Gruppe eine stärkere Hypertrophie erzielt haben, was jedoch nicht der Fall war.
Wenn man etwas tiefer gräbt, dann findet man heraus, dass die Gruppe mit den leichteren Gewichten pro Woche und Muskelgruppe insgesamt 9 Sätze bis zum Muskelversagen ausgeführt hatte, während es bei der Gruppe mit den schwereren Gewichten 21 Sätze waren.
Wenn die Gesamtzahl der Sätze, die jeden Muskel stimuliert, in Betracht gezogen wird, dann scheint es möglich zu sein, dass 9 Sätze bis zum Muskelversagen pro Woche (oder weniger) vielleicht bereits die maximale Menge an Hypertrophie bei dieser Trainingspopulation stimuliert haben und dass die zusätzlichen 18 Sätze, die von der Gruppe mit den schwereren Gewichten pro Woche ausgeführt wurden, nur wenig bis gar nichts zu einer zusätzlichen Hypertrophie beigetragen haben. Auch die Van Roie Studie verwendete die Volumen Last anstelle der Anzahl an Sätzen, sah jedoch bezüglich der Hypertrophie keine Unterschiede.
Beim Rest der Studien wurde die Anzahl der Sätze unter den Gruppen angeglichen und dies half dabei, das Schema zu erkennen: unterschiedliche Wiederholungsbereiche scheinen dieselben Auswirkungen auf die Hypertrophie zu besitzen.
Doch nicht nur das - diese Studien betrachteten untrainierte, gut trainierte und sogar ältere Menschen, was bedeutet, dass die Ähnlichkeiten bezüglich der beobachteten Hypertrophie aus allen Blickrichtungen Bestand haben.
Das nächste auffallende Schema ist, dass schwerere Gewichte die Studienteilnehmer besser darin machten, schwere Gewichte zu bewegen, während leichtere Gewichte die Probanden besser darin machten, leichtere Gewichte zu bewegen, obwohl das Muskelwachstum bei beiden Gruppen gleich ausfiel.
Dies könnte mit einer Reihe von Faktoren zusammenhängen, die bisher in der wissenschaftlichen Literatur noch nicht untersucht wurden: die neuronale Adaption an spezifische Gewichte, die Muskelfasertyp spezifische Hypertrophie, aerobe/anaerobe Adaptionen bei Muskelfasern, usw. Ich persönlich tendiere dazu, diesen Effekt als primär neuronaler Natur anzusehen, wobei die tatsächlichen Unterschiede bezüglich der Muskeladaptionen wahrscheinlich eher minimal sind - aber das sind lediglich Spekulationen meinerseits und es bleibt zu sehen, was die tatsächliche Antwort ist. Ich glaube, dass leichtere Gewichte vorzugsweise die Hypertrophie der Typ 1 Fasern stimulieren, wenn ich mir Messungen einzelner Fasern wie bei der Campos Studie ansehe.
Es gibt eine Reihe von Studien, welche die Muskelfasertypen von steroidfreien Gewichthebern auf Wettkampfniveau (15) und steroidfreien Powerliften (16) betrachtet haben und die Verhältnisse der Muskelfasen zueinender waren sehr ähnlich.
Einige weitere Studien haben die Muskelfasertypen von Bodybuildern betrachtet (17, 18), doch sie wurden mit ungetesteten Bodybuilding Wettkampathleten auf sehr hohem Niveau durchgeführt und die Anzahl der Probanden war sehr gering, weshalb eine Verwendung von Steroiden und andere Faktoren wie unterschiedliche Muskelgruppen in den unterschiedlichen Studien es schwer machen, Schlussfolgerungen zu ziehen.
Zusätzlich hierzu handelte es sich bei keiner der Studien, die Muskelfasertypen untersuchten, um Trainingsstudien, so dass die tatsächlichen Auswirkungen bestimmter Wiederholungsbereiche auf die Muskelfasertypen nicht abgeschätzt werden können.
Das dritte auffällige Schema (das hauptsächlich auf Studien basiert, die nicht in obiger Tabelle enthalten sind) ist, dass eine höhere Anzahl von Sätzen die Auswirkungen auf Kraft und Hypertrophie verstärkt (19). In der Campos Studie führte die Gruppe mit den schwereren Gewichten z.B. mehr Sätze als die Gruppe mit den leichteren Gewichten aus, weil die Autoren das Volumen zwischen den Gruppen gleich halten wollten und bei der Gruppe mit den leichteren Gewichten wurde keine Hypertrophie beobachtet.
Bei mehreren anderen Studien können wir jedoch beobachten, dass auch leichtere Gewichte eine Hypertrophie stimulieren, wenn mehr Sätze ausgeführt werden.
Primäre Schlussfolgerungen
Was bedeutet all dies? Ich glaube, dass man von diesen beobachteten Schemata mehrere Grundprinzipien ableiten kann.
- Ausgehend von Größenprinzip wissen wir, dass die Anstrengung bei den einzelnen Sätzen hoch genug sein muss, um alle Fasern zu rekrutieren und zu stimulieren. Wir kennen die genaue Reizschwelle für eine Anregung der Hypertrophie nicht und es gibt reichlich Menschen, die ein nennenswertes Muskelwachstum erzielen, ohne jemals bis zum Muskelversagen zu trainieren, aber im Allgemeinen ist es wahrscheinlich notwendig, die Sätze zumindest bis in die Nähe des Muskelversagens auszuführen.
- Der Wiederholungsbereich spielt für die Hypertrophie keine Rolle (zumindest für bis zu 30 Wiederholungen pro Satz bei trainierten Menschen und für bis zu 100 Wiederholungen pro Satz bei untrainierten Menschen), so lange die Anstrengung pro Satz gleich ist. Muskeln scheinen unabhängig davon, ob 3 oder 100 Wiederholungen bis zum Muskelversagen ausgeführt werden, gleichermaßen zu wachsen. Es bleibt zu sehen, ob das Muskelwachstum mit etwas wie 70% Anstrengung bei beiden Gruppen anstatt einem Training bis zum Muskelversagen gleich bleiben würde, aber ich glaube, dass es so wäre.
- Kraftzuwächse sind spezifisch für die verwendeten Wiederholungsbereiche. Wenn Du besser bei Maximalkraftversuchen werden möchtest, dann musst Du mit Gewichten trainieren, die nahe an diesen Bereich herankommen. Wenn Du bei hohen Wiederholungszahlen besser werden willst, dann musst Du mit leichteren Gewichten trainieren. Du kannst wahrscheinlich bei beidem besser werden, wenn Du beide Wiederholungsbereiche verwendest.
- Mehr Sätze oder Volumen (es ist immer noch etwas unklar, was hiervon zu besseren Resultaten führt, auch wenn ich zu mehr Sätzen neige) geben Dir bessere Resultate.
Mit diesen Informationen ist es leicht, die Frage zu beantworten, warum es zwischen Kraftsportlern und Bodybuildern Unterschiede bezüglich Kraft und Muskelmasse gibt. Die Antwort auf die Frage zu den Kraftunterschieden liegt in den verwendeten Wiederholungsbereichen. Kraftsportler trainieren im Allgemeinen mehr mit schwereren Wiederholungsbereichen und viele Bodybuilder bleiben lieber in weniger verletzungsanfälligen Wiederholungsbereichen. Viele Bodybuilder treten jedoch auch erfolgreich bei Powerlifting Wettkämpfen an, indem sie schwereres Training mit in ihr Trainingsprogramm aufnehmen.
Das mit den Unterschieden bezüglich der Muskelmasse ist etwas komplizierter. Ich persönlich glaube, dass es hier keine großen Unterschiede zwischen Bodybuildern und Kraftsportlern auf einem ähnlichen Niveau gibt. Der Unterschied ist mehr eine Illusion, die durch Unterschiede beim Körperfettanteil und einen Fokus auf Muskeln, die primär das ästhetische Erscheinungsbild verbessern vs. Muskeln, welche die Kraft steigern, hervorgerufen wird.
Muskeln, die beide Gruppen hart trainieren, wie Beine, Rücken und Brust, sollten eine ähnliche Größe aufweisen.
Um es einfacher auszudrücken ist Krafttraining gleich Bodybuilding und Bodybuilding gleich Krafttraining - welchen Wiederholungsbereich Du auch immer verwendest.
Lücken in der Betrachtung
Es gibt noch einige Konzepte, die die Wissenschaft noch in befriedigendem Umfang untersuchen muss. Das erste ist, was die Kraftanpassungen in spezifischen Wiederholungsbereichen verursacht. Werden Typ I Fasern bei höheren Wiederholungsbereichen stimuliert? Basiert der Unterschied ausschließlich auf neuronalen Adaptionen und motorischem Lernen? Wir wissen es ganz einfach noch nicht.
Das zweite ist der Grad von Anstrengung, der notwendig ist, um die Hypertrophie maximal anzuregen. Müssen wir tatsächlich bis zum Muskelversagen gehen oder können selbst Sätze mit niedriger Anstrengung etwas Hypertrophie stimulieren?
In der realen Welt sieht es so aus, als ob selbst sehr niedrige Anstrengungen etwas Muskelwachstum hervorrufen können, aber die Frage ist noch nicht geklärt. Zusätzlich hierzu könnten zusätzliche Sätze mit niedriger Anstrengung jegliche Unterschiede reduzieren.
Zu guter Letzt - und dies ist wahrscheinlich die größte und wichtigste Frage - ist noch zu klären, was genau eine Hypertrophie stimuliert. Es gibt einige Hypothesen, von denen einige auch durch die Wissenschaft unterstützt werden, aber meiner Meinung nach gibt es noch keine abschließende Antwort (20). Spannung auf den Muskeln selbst könnte bereits ausreichen, um eine Hypertrophie zu stimulieren, aber wenn man Spannung erzeugt, bekommt man automatisch auch Ischämie und eine Akkumulation von Stoffwechselprodukten.
Auch der Pump, der beim Training auftritt, könnte zu einer Hypertrophie beitragen, aber schwere Sätze mit niedrigen Wiederholungszahlen generieren keinen Pump und die Hypertrophie bei diesen Sätzen fällt genauso stark wie bei Sätzen mit höheren Wiederholungszahlen aus. Eine Ansammlung stoffwechseltechnischer Abfallprodukte könnte der primäre Stimulator sein, aber es gibt noch nicht viele Studien, die dies untersucht haben.
Zum augenblicklichen Zeitpunkt können wir das Muskelwachstum nur in einem größeren Kontext betrachten und sagen, dass das häufige Aufheben und wieder Ablegen von Dingen die Muskeln wachsen lässt.
Fazit
Wenn man sich die Geschichte des Kraftsports und des Bodybuildings ansieht, dann haben sich unzählige Strategien als erfolgreich erwiesen. Die erfolgreichsten dieser Strategien scheinen jedoch einigen weinigen grundlegenden Regeln zu folgen, die dem ähneln, was wir bereits weiter oben zusammengefasst haben: Halte die Anstrengungen hoch, halte die Anzahl der Sätze hoch und passe die Wiederholungsbereiche an Deine Ziele oder was immer Dich motiviert hält an und Fortschritte sollten kein Problem darstellen.
Referenzen
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- https://www.researchgate.net/publication/259390281_Evidence-Based_Resistance_Training_Recommendations_for_Muscular_Hypertrophy
- https://www.researchgate.net/publication/269934371_Muscular_adaptations_in_low-_versus_high-load_resistance_training_A_meta-analysis
- https://www.researchgate.net/publication/241485398_The_size_principle_and_a_critical_analysis_of_the_unsubstantiated_heavier-is-better_recommendation_for_resistance_training
- https://www.researchgate.net/publication/264745846_Muscle_activation_during_low-_versus_high-load_resistance_training_in_well-trained_men
- https://www.researchgate.net/publication/51646963_Low_intensity_blood_flow_restriction_training_A_meta-analysis
- https://www.jospt.org/doi/pdf/10.2519/jospt.2000.30.3.143
- https://journals.lww.com/nsca-jscr/Abstract/1999/08000/Differential_Functional_Adaptations_to_Short_Term.10.aspx
- https://www.researchgate.net/publication/7873571_Muscular_adaptations_in_response_to_three_different_resistance-training_regimens_Specificity_of_repetition_maximum_training_zones
- https://journals.lww.com/nsca-jscr/Fulltext/2011/09000/Similarity_in_Adaptations_to_High_Resistance.22.aspx
- https://www.researchgate.net/publication/224770795_Resistance_exercise_load_does_not_determine_training-mediated_hypertrophic_gains_in_young_men
- https://www.researchgate.net/publication/261516420_Effects_of_Different_Volume-Equated_Resistance_Training_Loading_Strategies_on_Muscular_Adaptations_in_Well-Trained_Men
- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0531556513002738
- https://www.researchgate.net/publication/274726675_Effects_of_Low-_Versus_High-Load_Resistance_Training_on_Muscle_Strength_and_Hypertrophy_in_Well-Trained_Men
- https://www.researchgate.net/publication/8966942_Muscle_Fiber_Characteristics_and_Performance_Correlates_of_Male_Olympic-Style_Weightlifters
- https://www.researchgate.net/publication/10764228_Muscle_Fiber_Characteristics_of_Competitive_Power_Lifters
- https://www.meta.org/papers/muscle-ultrastructural-characteristics-of-elite/7199447
- https://www.researchgate.net/publication/16309468_Muscle_hypertophy_in_bodybuilders
- https://www.researchgate.net/publication/26723843_Single_Versus_Multiple_Sets_of_Resistance_Exercise_A_Meta-Regression
- https://www.researchgate.net/publication/46288878_The_Mechanisms_of_Muscle_Hypertrophy_and_Their_Application_to_Resistance_Training
Quelle: https://www.strongerbyscience.com/the-new-approach-to-training-volume/
Von Nathen Jones