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Wie Du Kraft und Masse mit reversem Pyramidentraining aufbauen kannst Teil 2

Wie Du Kraft und Masse mit reversem Pyramidentraining aufbauen kannst Teil 2

Nachdem wir im ersten Teil dieses Artikels betrachtet haben, was ein reverses Pyramidentraining ist und wie man es für den Aufbau von Kraft einsetzen kann, werden wir im vorliegenden zweiten Teil einen Blick darauf werfen, wie ein reverses Pyramidentraining für den Aufbau von Muskelmasse eingesetzt werden kann und im Anschluss auf die Vor- und Nachteile dieses Trainingsansatzes eingehen.

Reverses Pyramidentraining für Hypertrophie

Bis jetzt haben wir gesehen, dass ein reverses Pyramidentraining recht gut für Kraftzuwächse funktioniert. Aber wie gut bewährt es sich bei einem Hypertrophietraining?

Es ist gut belegt, dass beim Muskelwachstum zwei Faktoren eine essentielle Rolle spielen – Anstrengung und Trainingsvolumen (4). Selbst wenn Du alles gibst, kannst Du nicht erwarten viel Muskelmasse aufzubauen, wenn Du nur einige wenige Sätze pro Trainingseinheit ausführst.

Wenn du auf der anderen Seite viele Sätze, viele Übungen und dutzende für dutzende Wiederholungen ausführst, wirst Du immer noch Anstrengungen in Dein Training investieren müssen, um ein Muskelwachstum anzuregen. Einige Wissenschaftler spekulieren, dass wir Gewichte bewegen müssen, die bei mindestens 50 bis 60 % unseres 1RM Gewichts (das Maximalgewicht für eine Wiederholung) liegen, um ein neues Muskelwachstum anzuregen (5).

Kurze Anmerkung: Wissenschaftler spekulieren außerdem, dass auch mit leichteren Gewichten (<= 50% des 1RM Gewichts) ein überlegenes Muskelwachstum angeregt werden kann, wenn während des Trainings eine Restriktion des Blutflusses zum Einsatz kommt. Natürlich ist dies ein anderes Thema für einen anderen Tag.

Wir benötigen also ein gewisses Gleichgewicht zwischen Anstrengung und Volumen, um das Muskelwachstum zu optimieren. Aber wie passt dies zur Gesamtstruktur und den Prinzipien des reversen Pyramidentrainings?

Ein wichtiges Prinzip beim Training mit Gewichten

Das reverse Pyramidentraining ist für viele Menschen aufgrund seiner Einfachheit und seiner minimalistischen Strukturen sehr ansprechend. Doch neben dieser Einfachheit und dem relativ niedervolumigen Ansatz liefert es bei vielen Menschen exzellente Resultate. Warum ist dies so?

Beim Training – und dies gilt insbesondere für natural Trainierende – gibt es ein essentielles Konzept der Ausführung der minimal nötigen Arbeit. Mit anderen Worten ausgedrückt geht es darum, so wenig Arbeit wie möglich zu verrichten, während Du trotzdem gute Resultate im Fitnessstudio verzeichnen kannst.

Dies hilft zum Einen dabei, die Erschöpfung zu kontrollieren und gibt uns zum Anderen Raum, unser Trainingsvolumen später zu ereitern, wenn unser augenblickliches Training nicht länger ein Muskelwachstum anregt.

Wie passt das typische reverse Pyramidentraining zu diesem Wachstumsprinzip?

Genau wegen diesem Trainingsprinzip ist ein reverses Pyramidentraining für viele Trainierende im Anfängerstadium bis hin zum fortgeschrittenen Trainingsstadium exzellent für Kraft- und Muskelzuwächse geeignet. Dieses Trainingsprinzip deckt alle notwendigen Kriterien ab:

  • Es gibt bei einigen Sätzen eine ausreichend hohe Anstrengung (d.h. Training bis nahe an den Punkt des Muskelversagens), welches Kraftzuwächse anregt und uns dabei hilft mit weniger Trainingsvolumen Muskelmasse aufzubauen (6, 7).
  • Diese Art des Trainings stellt einen hervorragenden minimalistischen Trainingsansatz dar, der nicht viele Trainingstage notwendig macht, es aber Anfängern und etwas Fortgeschrittenen trotzdem ermöglicht, signifikante Fortschritte zu erzielen.
  • Ein reverses Pyramidentraining konzentriert sich auf eine progressive Überlastung, welche einen entscheidenden Faktor für langfristige Fortschritte darstellt, und der bei vielen Trainingsansätzen übersehen wird (8). Dank des doppelten Progressionsschemas treibst Du Dich immer zu Verbesserungen an – seien es mehr Wiederholungen oder mehr Gewicht auf der Stange. Der Aufbau von Kraft erlaubt es Dir schwerere Gewichte bei den Volumensätzen (6+ Wiederholungen) zu verwenden, was Dir dabei hilft, ein stärkeres Muskelwachstum anzuregen.

 

Ein modifizierter Ansatz für weiter fortgeschrittene Trainierende

Wissenschaftliche Untersuchungen und anekdotenhafte Berichte legen beide nahe, dass ein reverses Pyramidentraining funktioniert, wenn es um Anfänger oder etwas fortgeschrittene Trainierende geht. Wenn wir die Grundlagen beibehalten, gibt es einen Weg das reverse Pyramidentraining so zu modifizieren, dass es auch für stärkere und muskulösere Athleten funktioniert.

Behalte die Grundlagen bei, aber erhöhe das Trainingsvolumen

Ich bin immer für Anstrengungen im Fitnessstudio. Heute zutage scheuen zu viele Menschen davor zurück hart zu arbeiten. „Training bis zum Muskelversagen? Nein, auf keinen Fall. Das wird zu einem Übertraining führen.“

Gleichzeitig sollte man jedoch auch die wichtige Bedeutung des Volumens – die Gesamtmenge der Arbeit, die wir im Fitnessstudio verrichten - nicht vernachlässigen. Es wäre toll, wenn wir 5 oder 6 Sätze, bei denen wir alles geben, pro Woche ausführen und signifikante Fortschritte verzeichnen könnten. Dies wird jedoch nicht der Fall sein, was insbesondere für Trainierende gilt, die das Anfängerstadium bereits lange hinter sich gelassen haben.

Greg Nuckols, einer der hellsten Köpfe im Bereich der Fitnessindustrie, hat wiederholt hervorgehoben, dass das Volumen ein für das Muskelwachstum entscheidender Faktor ist und wissenschaftliche Untersuchungen scheinen seine Behauptungen zu bestätigen (9).

Um als erfahrener Trainierender ein reverses Pyramidentraining effizient nutzen zu können, musst Du etwas zusätzliches Volumen (vorzugsweise nicht bis zum Muskelversagen) in Dein Training aufnehmen. Dies bedeutet zusätzliche Sätze, mehr Übungen und – bei Bedarf – auch mehr Trainingstage.

Gehen wir für ein Beispiel davon aus, dass der folgende recht grundlegende Trainingssplit im Stil eines reversen Pyramidentrainings die Basis darstellt:

  • Montag: Kreuzheben und Drücken über Kopf: 3 Sätze im Stil eines reversen Pyramidentrainings pro Übung (nach den Richtlinien von oben) + Klimmzüge (gradlinige Sätze).
  • Mittwoch: Bankdrücken und Schrägbankdrücken: 3 Sätze im Stil eines reversen Pyramidentrainings pro Übung + etwas Arm- und Schultertraining (gradlinige Sätze)
  • Freitag: Kniebeugen: 3 Sätze im Stil eines reversen Pyramidentrainings pro Übung + Klimmzüge (gradlinige Sätze oder reverses Pyramidentraining) und etwas zusätzliches Beintraining.

 

Am Montag kannst Du zwei weitere Rückenübungen (gradlinige Sätze mit fixem Gewicht), eine Isolationsübung für die Beine und Face Pulls für Deine hinteren Schultermuskeln hinzufügen.

Am Mittwoch kannst Du zusätzliche Arbeitssätze für Deine Bizeps, Deine Trizeps und Deine Schultern und eine Variation des Schulterhebens hinzufügen.

Am Freitag kannst Du mehr Sätze für Deine Beine und vielleicht sogar eine zusätzliche Übung hinzufügen.

Das Ganze würde dann folgendermaßen aussehen:

Montag

  • Kreuzheben:

o Satz 1: So viele Wiederholungen wie möglich
o Satz 2: 10% weniger Gewicht, mehr Wiederholungen
o Satz 3: 10% weniger Gewicht, mehr Wiederholungen

 

 

  • Drücken über Kopf – selbe Struktur wie beim Kreuzheben
  • Klimmzüge: 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagen
  • Kurzhantelrudern: 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Latziehen (weiter Griff): 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Beinstrecken: 3 Sätze, 12-15 Wiederholungen
  • Face Pulls: 3 Sätze, 15-20 Wiederholungen

 

Mittwoch

  • Flachbankdrücken – selbe Struktur wie beim Kreuzheben am Montag; 3 Sätze
  • Schrägbankdrücken – selbe Struktur
  • SZ Curls: 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Trizepsdrücken liegend mit einer SZ Stange (Skullcrushers): 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Kurzhantel Schulterheben: 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Trizepsdrücken am Kabelzug: 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Kurzhantel Seitheben: 3 Sätze, 12-15 Wiederholungen

 

Freitag

  • High-Bar Kniebeugen – Selbe Struktur; 3 Sätze
  • Klimmzüge: 4 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Beinpressen: 3 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Beincurls liegend: 4 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens
  • Beinstrecken: 3 Sätze, 12-15 Wiederholungen
  • Wadenheben: 4 Sätze, bis in die Nähe des Muskelversagens

 

Dies ist ein gutes Gleichgewicht zwischen Volumen und Anstrengung für den Anfang, wenn es um die Hypertrophie geht. Im Lauf der Zeit kannst Du das Volumen weiter erhöhen, aber Du wirst wahrscheinlich auch einen weiteren Trainingstag oder zwei pro Woche hinzufügen müssen. Andernfalls würdest Du riskieren jedes Mal 1,5 bis 2 Stunden trainieren zu müssen, wodurch Du Dich zu stark erschöpfen würdest.

Was ich an reversem Pyramidentraining mag?

Es ist der perfekte Weg, um während einer Fettabbauphase die Kraft zu steigern und die bestehende Muskelmasse aufrecht zu erhalten und zu steigern.

Ich habe selbst und mit Klienten viele unterschiedliche Trainingsmethoden während des Fettabbaus ausprobiert und ich habe herausgefunden, dass ein reverses Pyramidentraining der effektivste Weg ist, stärker zu werden und die bestehende Muskelmasse aufrecht zu erhalten. Dies hängt damit zusammen, dass es sich hierbei um einen niedervolumigen, hochintensiven Trainingsstil handelt, der perfekt für Phasen der Kalorienrestriktion geeignet ist.

Es ist einfach zu befolgen und umfasst nur sehr wenig Mathematik.

Was die Einfachheit angeht, kannst Du beim reversen Pyramidentraining nicht viel falsch machen. Es bedarf Anstrengung und Grundlagen, um die gewünschten Resultate zu erzielen. Okay auch ein wenig Mathematik.

Du kannst mit weniger Trainingstagen und weniger Trainingsvolumen gute Zuwächse erzielen.

Da ein reverses Pyramidentraining recht intensiv ist, kannst (und solltest) Du nicht mit einem sehr hohen Volumen oder einer hohen Frequenz trainieren. Aber Du kannst erstaunliche Fortschritte an Kraft und Muskelmasse mit gerade einmal drei Trainingseinheiten pro Woche erzielen.

Es befriedigt Dein Ego und Dein Verlangen nach schweren Gewichten.

Sein wie ehrlich: Wir alle bewegen gerne schwere Gewichte, da dies dem Ego wie nichts anderes schmeichelt. Bei einem reversen Pyramidentraining liegt Dein Fokus auf dem Bewegen von schweren Gewichten bis in die Nähe des Muskelversagens – aber auf sichere und intelligente Art und Weise.

Was ich am reversen Pyramidentraining nicht mag

Es kann nach einiger Zeit langweilig werden

Ja, trotz der (meist) vorhersagbaren Fortschritte, kann ein reverses Pyramidentraining nach einiger Zeit langweilig werden. Außerdem neigen einige Trainierende dazu, sich einer höheren Frequenz und einem höheren Volumen zuzuwenden und fühlen sich bei einem reversen Pyramidentraining wie faule Weichlinge.

Linear Progression ist nicht immer vorhersagbar, was frustrierend sein kann

Ja, progressive Überlastung neigt dazu, in Wellen zu kommen. An einigen Tagen fühlst Du Dich toll und die Gewichte bewegen sich fast von selbst. Zu anderen Zeiten fühlst Du Dich wie durch den Wolf gedreht und es kann sogar sein, dass Du leichtere Gewichte verwenden musst, um im vorgegebenen Wiederholungsbereich bleiben zu können.

Es kann für einige mental erschöpfend sein

Ich weiß, was Du denkst: “3 schwere Sätze sind mental erschöpfend? Wie soll das denn gehen?“

Ja, aber Du solltest auch berücksichtigen, dass diese 3 Sätze (oder mehr, wenn Du ein reverses Pyramidentraining mit multiplen Übungen ausführst) hart sind. Und wenn ich hart sage, dann meine ich das auch. Nach dem schwersten Satz Kreuzheben oder Kniebeugen wirst Du völlig fertig und erschöpft sein und mindestens 4 bis 5 Minuten brauchen, um Dich zu erholen.

Einige Trainierende gehen in diesem Trainingsansatz auf und explodieren geradezu. Für andere ist ein Training mit moderater Intensität hingegen besser.

Du musst diese Art des Trainings jedoch selbst ausführen, bevor Du irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen kannst. (Natürlich nur dann, wenn Du nicht bereits nach Lektüre dieses Artikels erschöpft und überfordert bist. In diesem Fall ist ein reverses Pyramidentraining nichts für Dich.)

Es ist nicht für Anfänger geeignet.

Anfänger müssen ihre Zeit damit verbringen, eine gute Technik innerhalb der Grenzen ihrer körperlichen Fähigkeiten zu lernen. Einen Trainierenden mit nur wenigen Wochen Trainingserfahrung ein reverses Pyramidentraining ausführen zu lassen ist einfach nur gefährlich, da ein solcher Trainierender noch nicht die korrekten motorischen Bewegungsschemata verinnerlicht hat und nicht weiß, ob seine Form im Lauf des Satzes nachlässt.

Die Leute können sich zu sehr von der Progression einlullen lassen und hierüber gesunden Menschenverstand und Technik vernachlässigen

Dies passt natürlich zum gerade eben erwähnten Nachteil, aber auch weiter fortgeschrittene Trainierende können sich zu sehr auf die Progression konzentrieren und ihre einst so perfekte Technik beim Kreuzheben vergessen, die jetzt an eine erschreckte Katze erinnert.

Aus diesem Grund ist es wichtig immer auf eine korrekte Form der Übungsausführung und eine Bewegung über den vollen Bewegungsraum zu achten. Nur dann kannst Du auf sichere Art und Weise mehr Gewicht auf die Stange packen.

Fazit

Reverses Pyramidentraining ist ein sehr effektiver und simplizistischer Ansatz, um stärker zu werden. Diese Art des Trainings kann sowohl während Wachstumsphasen, als auch während des Fettabbaus verwendet werden.

Reverses Pyramidentraining ist zielorientiert und Du bist dank der Ziele, die Du Dir setzt dazu gezwungen, jede Woche über Deine Progression nachzudenken.

Natürlich hat dieser Trainingsansatz auch seine Nachteile, aber so lange Du diese im Hinterkopf behältst und nichts Dummes tust, kannst Du mit reversem Pyramidentraining ein paar hervorragende Fortschritte erzielen.

Referenzen:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26789094?dopt=Abstract
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3435910/
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4215195/
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29470825
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23955603
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15947720
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4731492/
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4562558/
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30153194

 

Quelle: https://pumpsomeiron.com/how-to-gain-strength-with-reverse-pyramid-training/

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