Forschungsreview: Wie viele Sätze solltest Du ausführen, um Muskeln aufzubauen?
Die Schlüsselerkenntnisse:
- Wissenschaftler wollten sehen, wie die Ausführung von mehr oder weniger Sätzen pro Trainingseinheit Kraft, Ausdauer und Muskelwachstum beeinflusst.
- Im Großen und Ganzen gilt, dass Du umso mehr Kraft, Ausdauer und Muskeln aufbauen wirst, je mehr Sätze Du pro Trainingseinheit ausführst.
- Wenn Du Kraft und Muskelzuwächse maximieren oder ein Plateau durchbrechen willst, dann solltest Du mehr Sätze ausführen und nicht weniger.
Wie viele Sätze sollest Du ausführen, um Muskeln aufzubauen
Auf der einen Seite sagen Minimalisten, dass Du so wenige Sätze wie möglich ausführen solltest, um Fortschritte zu machen.
Einige sagen sogar, dass Du pro Trainingseinheit einen Satz bis zum Muskelversagen ausführen sollst und dass alles, was hierüber hinausgeht, Übertraining ist. Diese Leute sagen, dass sich bei langfristigen Fortschritten alles darum dreht, das Gewicht und nicht das Volumen (die Anzahl der Sätze) zu erhöhen.
„Trainiere intelligenter und nicht härter,“ ist ihr Credo.
Auf der anderen Seite sagt das maximalistische Lager, dass Du so viele Sätze ausführen solltest, wie Du maximal ausführen kannst, ohne Dich dabei zu verletzen.
„No Pain, no Gain,“ ist ihr Motto.
Wer hat Recht?
Das ist genau das, was Wissenschaftler der Federal University of Rio Grande do Sul in Brasilien im Rahmen einer Studie aus dem Jahr 2015 herausfinden wollten (1).
Werfen wir einen Blick darauf, was sie getan haben.
Die Wissenschaftler ließen 48 Männer ohne vorhergehende Trainingserfahrung mit Gewichten für 6 Monaten ein Krafttrainingsprogramm befolgen.
- Die Männer wurden in 4 Gruppen eingeteilt:
- Eine Gruppe führte 1 Satz pro Übung aus.
- Eine Gruppe führte 3 Sätze pro Übung aus
- Eine Gruppe führte 5 Sätze pro Übung aus
- Eine Gruppe führte nur Übungen mit dem eigenen Körpergewicht aus.
Der Grund dafür, dass Wissenschaftler die Übungen nur mit dem Körpergewicht mit in die Studie aufnahmen, war, dass sie eine Kontrollgruppe brauchten, mit der sie die anderen Gruppen vergleichen konnten. Sie fanden heraus, dass die Gruppe, die nur Übungen mit dem eigenen Körpergewicht ausführte, als gute Repräsentation von dem dienen könnte, was Menschen mit einer moderaten Menge an Widerstandstraining erreichen können.
Jede Gruppe trainierte an 3 Tagen pro Woche mit mindestens 2 bis 3 Ruhetagen zwischen den Trainingseinheiten. Alle Gruppen führten dieselben Übungen aus, trainierten im 8 bis 12 Wiederholungsbereich und pausierten für 1,5 bis 2 Minuten zwischen den Sätze.
Der einzige Unterschied zwischen den Gruppen bestand darin, wie viele Sätze pro Übung ausgeführt wurden.
Das Krafttrainingsprogramm umfasste Mehrgelenksübungen wie Bankdrücken, Schulterdrücken und Beinpressen und einige Isolationsübungen wie Beinstrecken, Beincurls, Bizepscurls, Crunches und Trizepsdrücken.
Jeder Satz wurde bis zum Muskelversagen ausgeführt und das Gewicht wurde bei jeder Übung dann erhöht, wenn das obere Ende des Wiederholungsbereichs erreicht wurde.
Die Wissenschaftler führten eine Reihe von Tests aus, um die Fortschritte der Trainierenden zu bestimmen. Sie maßen:
- Mit wie viel Gewicht die Trainierenden 5 Wiederholungen ausführen konnten (um die Muskelkraft zu messen
- Mit welchem Gewicht die Trainierenden 20 Wiederholungen ausführen konnten (um die Muskelausdauer zu messen).
- Wie hoch die Menschen springen können (um die Schnellkraft zu messen).
- Wie dick die Muskeln der Trainierenden an unterschiedlichen Stellen waren (um das Muskelwachstum zu messen).
Das Team der Wissenschaftler war extrem sorgfältig, wenn es darum ging, wie sie alle Maße nahmen und führten die Messungen bei jedem Probanden zweimal durch, um sicherzustellen, dass sie akkurate Resultate bekamen.
Unglücklicherweise kontrollierten die Wissenschaftler nicht, wie viel die Probanden aßen. Die Zufuhr von Kalorien und Makronährstoffen kann bei der Körperkomposition einen großen Unterschied machen.
Was fanden die Wissenschaftler heraus?
Die Gruppe, die 5 Sätze pro Übung ausführte, baute mehr Kraft, Ausdauer und Muskeln als die Gruppen aus, die 1 oder 3 Sätze pro Übung oder nur Übungen mit dem Körpergewicht ausgeführt hatten.
Das Hauptergebnis der Studie war, dass die Resultate der Probanden umso besser ausfielen, je mehr Sätze sie ausführten.
Schauen wir uns zuerst die Highlights an, bevor wir ins Detail gehen:
- Probanden, die 5 Sätze ausführten, bauten mehr Muskeln als alle anderen auf.
- Probanden, die 5 Sätze ausführten, bauten bei fast jeder Übung mehr Kraft als alle anderen auf.
- Probanden, die 3 Sätze ausführten, bauten mehr Muskeln als Menschen auf, die nur 1 Satz oder Übungen mit dem eigenen Körpergewicht ausgeführt hatten.
- Probanden, die 3 Sätze ausführten, bauten mehr Kraft als Menschen auf, die nur 1 Satz oder Übungen mit dem eigenen Körpergewicht ausgeführt hatten
- Probanden, die nur Übungen mit dem eigenen Körpergewicht ausführten, verloren beim Bankdrücken und beim Beinpressen sogar Kraft.
- Alle Gruppen verloren dieselbe Menge an Fett (was Sinn macht – keiner der Probanden befolgte eine strukturelle Ernährung)
- Jede Gruppe baute dieselbe Menge an Schnellkraft auf (was auch Sinn macht, da keine der Gruppen spezifisch hierfür trainierte.
Gehen wir jetzt in die Details.
Wie Dein Trainingsvolumen pro Trainingseinheit das Muskelwachstum beeinflusst
Technisch gesehen gab es keinen statistischen Unterschied bezüglich der Muskelzuwächse zwischen den Gruppen. Es gab jedoch einen klaren Trend zu größeren Muskelzuwächsen bei den Gruppen, die mehr Sätze ausführten.
Die Resultate sahen folgendermaßen aus:
- 5 Sätze: 7,3 Pfund Muskelzuwächs
- 3 Sätze: 6,5 Pfund Muskelzuwächse
- 1 Satz: 1 Pfund Muskelzuwächse
- Körpergewichtsübungen: 6,4 Pfund Muskelzuwächse
Die Gruppe, die 5 Sätze ausführte, erhöhte auch ihre Bizeps- und Trizepsgröße stärker als jede andere Gruppe.
Man sollte im Hinterkopf behalten, dass keine dieser Gruppen so viel Muskeln aufbaute, wie sie hätte aufbauen können. Wenn man alles richtig macht, sind Muskelzuwächse von 10 Pfund innerhalb von 6 Monaten realistisch.
Nahezu jeder (außer der Gruppe mit den Körpergewichtsübungen) verlor 10 Pfund Körperfett, was bedeutet, dass die Probanden die meiste Zeit über ein Kaloriendefizit einhielten.
Ein hochvolumiges Training bedarf mehr Kalorien für die Regeneration, weshalb die Gruppe, die 5 Sätze ausführte, am meisten von einer Ernährung profitiert hätten, die mehr Kalorien geliefert hätte.
Wie Dein Trainingsvolumen pro Trainingseinheit die Kraftzunahme beeinflusst
Es ist eine weit verbreitete Vorstellung, dass man sich, um stark zu werden, nur auf eine Erhöhung des Gewichts auf der Stange konzentrieren muss und dass man, solange man nur das absolute Minimum an Sätzen – sagen wir 1, 2 oder 3 pro Trainingseinheit – ausführt und sich auf eine progressive Überlastung konzentriert, nicht davon profitieren wird, zusätzliche Sätze auszuführen. Die Studie zeigt etwas anderes.
Wenn es um Kraftzuwächse geht, wurden die Probanden bei den meisten Übungen am stärksten, die auch die meisten Sätze ausführten.
Das Maximalgewicht für 5 Wiederholungen veränderte sich im Studienverlauf bei den Gruppen folgendermaßen:
5 RM Gewicht beim Bankdrücken
- Nur Körpergewichtsübungen: -6%
- 1 Satz: +12%
- 3 Sätze: +17%
- 5 Sätze: +11%
5 RM Gewicht beim Beinpressen
- Nur Körpergewichtsübungen: -2%
- 1 Satz: +16%
- 3 Sätze: +15%
- 5 Sätze: +18%
5 RM Gewicht beim Schulterdrücken
- Nur Körpergewichtsübungen: +13%
- 1 Satz: +22%
- 3 Sätze: +24%
- 5 Sätze: +35%
5 RM Gewicht beim Latziehen
- Nur Körpergewichtsübungen: +3%
- 1 Satz: +19%
- 3 Sätze: +12%
- 5 Sätze: +17%
Durchschnittliche Veränderung des 5 RM Gewichts
- Nur Körpergewichtsübungen: +4%
- 1 Satz: +17%
- 3 Satz: +17%
- 5 Sätze: +20%
Wie man sieht, sind die Unterschiede nicht sehr groß, wobei hierbei eine Hintergrundinformation wichtig ist. Jeder in der Gruppe mit 5 Sätzen begann signifikant stärker als die Probanden der Gruppen mit einem oder 3 Sätzen, was bedeutet, dass sich diese Probanden wahrscheinlich bereits näher an ihrem genetischen Limit für Kraftzuwächse befanden.
Normalerweise verlangsamt sich die Rate der Kraftzuwächse, je stärker man wird – und trotzdem machen bei dieser Studie die stärksten Probanden immer noch schnellere Fortschritte, wenn sie mehr Sätze ausführten.
Natürlich musst Du immer noch stärker werden, um muskulöser zu werden.
Du kannst nicht einfach nur mehr Sätze mit leichteren Gewichten ausführen und erwarten größere Fortschritte zu erzielen. Die Ausführung von mehr Sätzen mit dem Fokus darauf, das Trainingsgewicht konsistent zu erhöhen, wird Dir das Beste aus zwei Welten geben.
Wie Dein Trainingsvolumen pro Trainingseinheit Deine Muskelausdauer beeinflusst Wenn es darum geht, mit wie viel Gewicht Menschen 20 Wiederholungen ausführen können, schnitt erneut die Gruppe, die 5 Sätze ausgeführt hatte, am besten ab.
In diesem Fall maßen die Wissenschaftler die Muskelausdauer nur beim Bankdrücken und Beinpressen (wahrscheinlich weil die Ausführung von 20 Wiederholungen bei allen Übungen zu erschöpfend gewesen wäre).
Das Maximalgewicht für 20 Wiederholungen veränderte sich im Studienverlauf bei den Gruppen folgendermaßen:
20 RM Gewicht beim Bankdrücken
- Nur Körpergewichtsübungen: +5%
- 1 Satz: +5%
- 3 Sätze: +17%
- 5 Sätze: +24%
20 RM Gewicht beim Beinpressen
- Nur Körpergewichtsübungen: +5%
- 1 Satz: +12%
- 3 Sätze: +7%
- 5 Sätze: +36%
Durchschnittliche Veränderung des 20 RM Gewichts
- Nur Körpergewichtsübungen: +5%
- 1 Satz: +9%
- 3 Satz: +12%
- 5 Sätze: +30%
Wie man sieht, konnte die Gruppe mit 5 Sätzen ihre Muskelausdauer um 18% stärker als die Gruppe erhöhen, die nur 3 Sätze ausführte und die Gruppe, die 3 Sätze ausführte, erzielte bessere Resultate als die Gruppe, die nur einen Satz ausführte.
Die abschließende Analyse
In der finalen Analyse baute die Gruppe mit 5 Sätzen mehr Muskeln, mehr Ausdauer und mehr Kraft bei nahezu jeder Messung als die Gruppe mit 3 Sätzen auf. Es gab ein paar Messungen, die ähnlich ausfielen, aber wenn man alles zusammen betrachtet, verzeichnete die Gruppe, die 5 Sätze ausgeführt hatte, in allen Bereichen die besten Resultate.
Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler war, dass es eine „dosisabhängige“ Beziehung zwischen der Anzahl der absolvierten Sätze und den Resultaten gab.
Mit anderen Worten ausgedrückt, bauten die Probanden umso mehr Kraft, Muskeln und Ausdauer auf, je mehr Sätze sie ausführten.
Was bedeutet dies für Dich
Das Fazit und das, was die Wissenschaftler schlussfolgerten, ist mehr oder weniger das, was man erwarten würde
Je mehr Sätze Du ausführst, desto besser werden Deine Zuwächse ausfallen. Bedeutet dies, dass Du bei jeder Übung zu jeder Zeit und unter allen Umständen 5 Sätze ausführen solltest?
Bedeutet dies, dass mehr Sätze immer besser als weniger Sätze sind?
Nicht notwendigerweise. Hier sind ein paar Dinge, die Du im Hinterkopf behalten solltest:
1. Es gibt einen Punkt der nachlassenden Erträge, wenn Du mehr Sätze ausführst
Die Ausführung von mehr Sätzen resultiert für gewöhnlich in größeren Zuwächsen, aber die Erhöhung des Muskelwachstums, der Kraft und der Ausdauer verhält sich nicht proportional zur Anzahl der zusätzlichen Sätze, die Du ausführst.
Dies bedeutet, dass Du ab einer bestimmten Schwelle immer geringere und geringere Erträge für mehr und mehr Anstrengungen erhalten wirst.
Wenn Du bereits den größten Teil Deiner natürlichen Kraft- und Muskelzuwächse erzielt hast, die Dir Dein genetisches Potential erlaubt, und den letzten 5 oder 10% an Verbesserungen hinterher jagst, dann wirst Du Dein Trainingsvolumen substanziell erhöhen müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Aber wenn Du gerade erst mit dem Training begonnen hast oder versuchst ein Plateau zu durchbrechen, dann werden die zusätzlichen Resultate ab einem bestimmten Punkt die zusätzlichen Anstrengungen wahrscheinlich nicht mehr wert sein.
In diesem Fall wirst Du wahrscheinlich besser damit beraten sein, Dich auf die Intensität (das Gewicht) zu konzentrieren, während Du ein ausreichendes Volumen (Sätze) ausführst, welches sich für die meisten Menschen in einem Bereich von 9 bis 12 schweren Sätzen pro Woche befindet.
2. Mehr Sätze können kontraproduktiv sein
Die Ausführung von mehr und mehr Sätzen ist ab einem gewissen Punkt nicht nur weniger nützlich, sondern kann in einigen Fällen sogar verheerend werden.
Im Rahmen einer aktuellen Studie von Wissenschaftlern der University of Sydney, bauten Trainingsanfänger, die bei ihren Mehrgelenksübungen 5 Sätze verwendeten, mehr Kraft und Muskeln als Trainingsanfänger auf, die 10 Sätze verwendeten.
Die Gruppe, die 10 Sätze ausführte, verbrachte darüber hinaus auch signifikant mehr Zeit im Fitnessstudio.
Diese Menschen waren völlige Anfänger und direkt mit einem Programm zu beginnen, das 10 Sätze für jede Übung umfasst, versetzte sie in einen Zustand des Übertrainings.
3. Schrittweise Erhöhungen des Volumens sind besser als plötzliche Sprünge
Wenn Du Dein Volumen erhöhst, dann solltest Du dies nur in dem Umfang tun, der notwendig ist, um weiterhin Fortschritte zu erzielen.
Dies ist die wahre Botschaft der Studie.
Im Allgemeinen ist es klar, dass Du, je mehr Sätze Du ausführst, umso größere Kraft- und Muskelzuwächse erzielen wirst, wenn mehrere Bedingungen erfüllt sind:
- Du kannst im Laufe der Zeit auch das Gewicht bei Deinen Übungen erhöhen.
- Du kannst Dich effektiv von Deinen Trainingseinheiten erholen.
- Du erhöhst Dein Volumen, weil Du ein Plateau erreicht hast und nicht weil Du sehen willst, wie viel Missbrauch Dein Körper ertragen kann.
Du brauchst auch nicht bei all Deinen Übungen 5 Sätze ausführen, um Vorzüge zu erzielen. Was Du stattdessen tun kannst, ist 1 oder 2 Sätze zu der Übung hinzuzufügen, bei der Du ein Plateau erreicht hast, oder bei der Du Dich am meisten steigern möchtest.
Das Fazit ist, dass die Ausführungen von mehr Sätzen bis zu einem bestimmten Punkt besser für Zuwächse an Kraft, Muskeln und Ausdauer ist und dass Deine beste Strategie für langfristige Zuwächse darin besteht, Dein Trainingsvolumen schrittweise im Lauf der Zeit zu erhöhen.
Referenzen:
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25546444
- https://legionathletics.com/eric-helms-interview-german-volume-training/
Quelle: https://legionathletics.com/how-many-sets-build-muscle/