Eine Frage der Kraft Genauigkeit von Fitnesstrackern
F: Wie akkurat sind diese Uhren, auf denen Du sehen kannst, wie viele Kalorien Du während einer Trainingseinheit verbraucht hast?
A: Sie sind nicht wirklich akkurat. Eine Freundin von mir hat mir vor Kurzen erzählt, dass sie eine Trainingseinheit mit Gewichten ausgeführt hat, bei der sie 960 kcal verbrannt hat. Und auch wenn ich das wirklich gerne glauben würde – weil es ein Training mit Gewichten zum bestem dem Menschen bekannten Fettabbau Werkzeug machen würde – ist es ganz einfach nicht realistisch.
Es ist schwer exakt zu wissen, wie viele Kalorien Du während einer Trainingseinheit verbrannt hast. Dies hängt von den Übungen (Kniebeugen verbrauchen mehr Energie als Kreuzheben), der Anzahl der absolvierten Wiederholungen, den Trainingsmethoden und der Menge an während jeder Wiederholung rekrutierten Muskelfasern ab.
Bei Oberkörperübungen wird ein Hypertrophiesatz, der 40 bis 60 Sekunden andauert, vieleicht 7 bis 10 kcal verbrennen, während ein Satz Kniebeugen, der eine Minute lang andauert, bis zu 40 kcal verbrauchen kann (Victor M. Reis, R. S. 2011. Energy Cost of Resistance Exercises: J Hum Kinet. 29A: 33–39).
Wenn Du vier Sätze hiervon ausführst, dann sprechen wir von etwa 160 kcal. Wenn Du eine andere Mehrgelenksübung während derselben Trainingseinheit ausführst, dann könnte dies weitere 160 kcal hinzufügen. Wenn dann noch vier kleinere Übungen folgen, dann könnte dies 350 bis 400 kcal hinzufügen. Solch eine Trainingseinheit würde 650 bis 700 cal verbrennen und wäre eine echt höllische Trainingseinheit.
Eine Hypertrophietrainingseinheit für den Oberkörper könnte 250 bis 400 kcal zusätzlich zu Deinem normalen täglichen Kalorienverbrauch verbrennen. Für den Unterkörper könnten es 500 bis 700 kcal zusätzlich zu Deinem normalen Kalorienverbrauch sein und eine Gesamtkörpertrainingseinheit könnte sich im Bereich von 300 bis 500 kcal befinden.
Ich glaube, dass der Kalorienverbrauch, der von diesen Uhren / Apps geschätzt wird hauptsächlich auf der gemessenen Herzfrequenz als Basis für den Kalorienverbrauch basiert. Diese Formeln wurden mit Cardiotraining im Hinterkopf entwickelt. Bei diesem Typ von Training verhält sich die Herzfrequenz direkt proportional zur Rate des Energieverbrauchs, denn die Herzfrequenz steigt nur in Reaktion auf die Notwendigkeit für das Herz mehr Blut zu den Muskeln zu pumpen, um Sauerstoff zur Energieproduktion zur Verfügung zu stellen.
Bei einem Training mit Gewichten kann die Erhöhung der Herzfrequenz jedoch auch auf einer hohen Ausschüttung von Adrenalin beruhen. Darüber hinaus kann die Herzfrequenz für die Dauer des Satzes steigen und dann während der Pausen aufgrund des Adrenalins bzw. der neuronalen Aktivierung erhöht bleiben, obwohl Du nicht weiter trainierst. Als Resultat hiervon werden diese Instrumente die Menge an während einer Trainingseinheit mit Gewichten verbrauchten Kalorien dramatisch überschätzen.
Warum ist das ein Problem? Dadurch, dass Du den Eindruck bekommst, dass Du eine Tonne an Kalorien verbraucht, kannst Du leicht in Versuchung kommen mehr zu essen, als Du verbrauchst. „Ich habe gerade 1200 kcal während meiner Trainingseinheit mit Gewichten verbrannt! Jetzt kann ich einen Hamburger essen, da dieser nur 600 kcal hat!“
Nein, kannst Du nicht. Im großen Schema der Dinge ist dies zwar nicht das Ende der Welt, aber es ist trotzdem irreführend.
Realistische Zuwächse in einem Alter über 40
F: Wie viel Muskelmasse kann ein steroidfreier, fortgeschrittener Trainierender in seinen Vierzigern aufbauen?
A: Ich würde Dir sehr gerne sagen, dass ein fortgeschrittener Trainierender in seinen Vierzigern weiterhin tonnenweise Muskeln aufbauen kann … teilweise auch deshalb, weil ich selbst über 40 bin. Aber das wäre eine Lüge.
Es ist nicht mal eine Sache des Alters (auch wenn dieses eine Rolle spielt), sondern eine Frage der Trainingserfahrung und der Adaption. Für mich bedeutet „fortgeschrittener Trainierender“ mindestens 15 Jahre hartes Training. Das bedeutet, dass Du bereits eine Menge an Muskeln aufgebaut hast. Der menschliche Körper verfügt über eine begrenzte Kapazität ohne chemische Unterstützung Muskeln aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Dies hängt zu einem großen Teil von Deiner Genetik ab. Der ACTN3 Genotyp, die Myostatinspiegel, die Körperstruktur und viele andere Faktoren kommen hier ins Spiel.
Wir verstehen all diese Faktoren noch nicht vollständig, aber Tatsache ist, dass der durchschnittliche Mann im Laufe seiner Trainingskarriere etwa 15 bis 20 Kilo Muskeln über das Gewicht hinaus aufbauen kann, das er ohne Training hätte. Natürlich können anabole Steroide viele dieser limitierenden Faktoren überwinden, die verhindern, dass ein steroidfreier Trainierender das Niveau eines Mr. Olympia erreicht.
Ich spreche hier von reinem Muskelgewicht. Zusätzlich zu diesen 15 bis 20 Kilo wirst Du wahrscheinlich auch ein paar zusätzliche Kilos in Form von Glykogen, Wasser und Kollagen aufbauen. Ganz zu schweigen davon, dass Du auch etwas Fett aufbauen und trotzdem weiterhin toll aussehen kannst. Im Laufe Deiner Trainingskarriere kannst Du vielleicht 25 bis 30 Kilo Gewicht auf der Waage zulegen, aber nur 15 bis 20 Kilo hiervon werden Muskeln sein.
Je näher Du diesen 15 bis 20 Kilo kommst, desto langsamer und schwerer werden Deine Zuwächse zustande kommen.
Nehmen wir also einen 40 Jahre alten Mann, der ohne Training etwa 78 Kilo wiegen würde. Sagen wir, dass er nach 15 Jahren Training heute etwa 95 Kilo mit einem ähnlichen oder besseren Körperfettanteil wiegt.
Dadurch, dass er all diese Jahre trainiert hat, hat er etwa 15 bis 17 Kilo Muskeln aufgebaut. Realistisch gesehen kann er jetzt noch maximal 3 bis 5 Kilo Muskeln aufbauen.
Wenn ein zweiter 40 Jahre alter Mann im Lauf seiner Trainingskarriere nur 5 Kilo Muskeln aufgebaut hat (weil er nicht konsistent hart und intelligent trainiert hat), dann verfügt er über das Potential mehr Muskeln als der Trainierende aufzubauen, der richtig trainiert hat.
Warum wird es der engagiertere und erfahrenere Trainierende schwerer haben, eine Menge Muskeln aufzubauen? Zuerst einmal aufgrund der Adaption. Sein Körper ist bereits gut an das Training angepasst. Es ist an diesem Punkt sehr schwer ein Training zu absolvieren, das noch Stress für den Körper bedeutet. Wenn das Training nicht länger Stress für den Körper darstellt, dann wird sich der Körper nicht weiter verändern, weil keine zusätzlichen Muskeln benötigt werden, um die Arbeit zu verrichten.
Wenn Du den Trainingsstress erhöhen willst, dann musst Du:
- Mehr Gewicht bewegen oder…
- Ein höheres Volumen absolvieren oder…
- Dich bei Deinen Sätzen härter antreiben
Aber es gibt hier einen Haken. All diese drei Dinge können Deine Kortisolspiegel erhöhen und Deine Fortschritte behindern. Darüber hinaus kannst Du diese Faktoren nicht immer weiter steigern. Es wird ein Punkt kommen, an dem es schwer sein wird, das Gewicht bei einer Übung über einen Zeitraum von 6 bis 8 Wochen um 5 Kilo zu steigern. Und wenn Du bereits bis zum Muskelversagen oder nahe bis ans Muskelversagen gehst, dann ist auch hier nicht mehr viel Raum für eine Steigerung.
Und eine Erhöhung des Volumens ist – insbesondere für ältere Trainierende einer der besten Wege, Fortschritte zum Stillstand zu bringen. Es ist in der realen Welt auch oft nicht wirklich praktikabel. Ein normaler Mensch mit einem Beruf und Familie kann nicht jeden Tag 2 bis 3 Stunden im Fitnessstudio verbringen. Ein fortgeschrittener Trainierender benötigt einen extrem hohen Trainingsstress, um weiter Fortschritte zu erzielen, aber dies zu tun könnte auch mehr Schaden anrichten als nutzen.
Wenn Du älter wirst, verändert sich Deine Physiologie – und zwar nicht zum besseren, wenn es um den Aufbau von Muskeln geht:
- Die Testosteronspiegel neigen dazu, zu sinken
- Die Spiegel von Wachstumshormonen und IGF-1 können sinken
- Die Anzahl der Stammzellen sinkt aufgrund niedrigerer IGF-1 Spiegel. Stammzellen werden für die Reparatur von Muskelschäden benötigt. Weniger Stammzellen bedeuten, dass Du nicht mehr so leicht Muskelschäden reparieren und Muskeln aufbauen kannst.
- Dein Körper leidet mit größerer Wahrscheinlichkeit unter systemischen Entzündungen. Dies kann Deine Kapazität Muskeln aufzubauen signifikant reduzieren, was teilweise auch damit zusammenhängt, dass Entzündungen die Insulinsensitivität reduzieren können.
- Du verlierst Nervenzellen und hast bei anderen eine Atrophie. Dies wird Deine Kraft reduzieren. Und wenn Deine Kraft sinkt, dann kann es schwerer werden Muskeln aufrecht zu erhalten oder neues Muskelgewebe aufzubauen. Das Muskelgewebe ist an einen bestimmten Level der Last angepasst. Wenn es Dir Deine Nerven nicht länger erlauben, so viel Kraft zu produzieren, dann kann es sein, dass der reduzierte Level der Muskelspannung, die während des Trainings zustande kommt, nicht ausreichend ist, um ein Muskelwachstum zu stimulieren.
Zu guter Letzt neigt das Leben zu übernehmen, wenn Du älter wirst. Wenn Du einen Vollzeitjob und eine Familie hast, dann hast Du auch eine Menge mehr Stress. Auch das kann Deine Kapazität Fortschritte zu erzielen beeinträchtigen.
Und jetzt die guten Nachrichten
Höre nicht auf damit zu versuchen Dich zu verbessern, weil es immer möglich ist, Dich selbst zu überraschen und mehr zu erreichen, als Du für möglich gehalten hättest. Ich habe mit 41 Jahren die beste Form meines Lebens und ich bin immer noch dazu in der Lage mich zu verbessern. Hier sind ein paar Richtlinien, die älteren Trainierenden dabei helfen können, Fortschritte zu erzielen;
1. Trainiere nicht immer hart
Ich weiß, dass dies der Intuition zu widersprechen scheint, aber Phasen des Erhaltungstrainings können dabei helfen, Deinen Körper wieder empfänglicher für das Training zu machen. Nenne es strategische Dekonditionierung, wenn Du willst.
Führe 3 bis 5 Wochen das Minimum aus, das notwendig ist, um einen Muskelverlust zu vermeiden. Wenn Du ein engagierter Trainierender bist, dann wird das weniger sein, als Du glaubst. Reduziere Dein Volumen, treibe Dich bei Deinen Sätzen nicht so hart an (beende den Satz 2 bis 3 Wiederholungen vor Erreichen des Muskelversagens) und konzentriere Dich mehr auf die Technik, als auf die Last.
Ich führe gerne drei Ganzkörpertrainingseinheiten pro Woche aus, wobei ich 3 bis 4 Übungen pro Trainingseinheit verwende. Nach dieser Phase kannst Du Dich 6 bis 8 Wochen lang hart antreiben und die Anforderungen Deiner Trainingseinheiten alle zwei Wochen oder so erhöhen.
Ich habe diese Strategie entdeckt, als ich begann mehr Seminare auszuführen. Ich habe eine Phase von vier Wochen damit verbracht, zwei bis dreimal pro Woche zu trainieren, wobei ich nicht die Energie hatte, mich hart anzutreiben. Wenn ich jedoch danach wieder zurück zu ernsthaftem Training gegangen bin, habe ich meine vorhergehenden Resultate überschritten.
2. Verwende einen Spezialisierungsansatz
Dies ist etwas, mit dem ich bei Bodybuildern auf hohem Level begonnen habe, um ein Wachstumsplateau zu übertreffen.
Wenn Du weiter fortgeschritten bist, dann brauchst Du einen ernsthaften Stimulus, um den Körper dazu zu zwingen, sich anzupassen. Aber zur selben Zeit gilt, dass Du, wenn Du den allgemeinen Trainingsstress erhöhst, irgendwann nicht mehr dazu in der Lage sein wirst, Dich zu regenerieren. Spezialisierung ist ein hervorragender Weg, um diesen starken Stimulus zu erreichen, ohne den Körper exzessiv zu überlasten.
Wähle eine oder zwei Muskelgruppen (oder eine schwere Grundübung), auf die Du Dich konzentrierst. Trainiere diese an drei Tagen pro Woche und den Rest des Körpers einmal pro Woche auf Erhaltungslevel (indem Du entweder alles während einer Trainingseinheit oder auf zwei Trainingseinheiten aufgeteilt trainierst. Dann legst Du alle vier Wochen den Fokus auf andere Muskelgruppen oder eine neue Übung.
3. Konzentriere Dich auf den Look, den Du erreichen willst
Es gibt ein Phänomen, das ich als Muskelmigration bezeichne. Wenn Du eine allgemeine Muskelmasse erreichst, die sich nahe an Deinem Limit befindet, kannst Du immer noch eine ästhetische Evolution Deines Körpers erreichen, indem Du veränderst, wo sich diese Muskeln befinden.
- Wenn ich wie ein olympischer Gewichtheber oder ein Sportler trainiere, dann werden sich meine Beinbeuger, mein mittlerer Rücken und mein Gluteus verbessern, aber ich werde etwas Masse im Bereich meiner Arme und meiner Brust verlieren.
- Wenn ich mehr wie ein Bodybuilder trainiere, dann werden sich meine Brust, meine Arme und meine Quadrizeps verbessern, aber ich werde etwas Masse im Bereich von Gluteus und Beinbeugern verlieren.
- Wenn ich wie ein Discopumper trainiere, dann werden sich meine Brust, meine Arme und meine Schultern verbessern, aber ich werde Masse im Bereich des Unterkörpers verlieren. In allen drei Szenarien wird mein Gewicht im Bereich von 100 Kilo bleiben, aber der visuelle Eindruck wird sehr unterschiedlich sein.
Wenn Du Dich dem Maximum der Muskelmasse näherst, die Du erreichen kannst, dann solltest Du Dich auf die Entwicklung der Muskeln verlassen, die Dir den Look verleihen, den Du willst. Platziere Muskeln, die nicht für diesen Look benötigt werden, bewusst an zweiter Stelle. Dies ähnelt stark einer Spezialisierung aber ohne Rotation alle vier Wochen.
4. Werde schlank
Jeder sieht besser aus, wenn er schlanker ist. Wenn Du nicht länger eine Tonne Muskeln aufbauen kannst, dann kannst Du Dein Aussehen immer noch dadurch verbessern, dass Du definierter wirst. Ich habe darüber gesprochen, wie ich meinen besten Look mit 41 erreicht habe. Ich war in der Tat weniger Massig als früher in meinem Leben, aber weil ich schlanker war, was der Gesamteindruck besser. Selbst wenn Du keine Muskeln aufbaust, wirst Du trotzdem fantastisch aussehen, wenn Du einen Körperfettanteil von echten 8 Prozent erreichst.
5. Reduziere Entzündungen und verbessere Deine Insulinsensitivität
Wenn Du älter bist, dann sind diese beiden Faktoren zu einem großen Teil dafür verantwortlich, Dich daran zu hindern Muskeln aufzubauen und schlanker zu werden. Dein Lebensstil und Deine Ernährung werden hierbei eine große Rolle spielen.
Wenn Du die Prävention einen Schritt weiter treiben willst, dann sind Fischölkapseln und Curcumin sehr gut dazu geeignet, unterschwellige systemische Entzündungen zu reduzieren.
Es wäre schön, wenn wir bis zu dem Tag, an dem wir mit dem Training aufhören, Muskeln aufbauen könnten. Traurigerweise wird dies nicht der Fall sein. Aber selbst wenn Muskelaufbau schwerer zu erreichen ist, kannst Du immer Wege finden, Dich zu verbessern.
Quelle: https://www.t-nation.com/training/question-of-strength-57
https://www.t-nation.com/training/question-of-strength-58
Von Christian Thibaudeau