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Die Wahrheit über den Muskelkater

Die Wahrheit über den Muskelkater

Hier ist eine kurze Zusammenfassung:

  1. Nach einem Training mit Gewichten einen starken Muskelkater zu verspüren bedeutet nicht notwendigerweise, dass Du eine gute Trainingseinheit hattest, die zu Zuwächsen führen wird.
  2. Du kannst ein Muskelwachstum stimulieren, ohne einen extremen Muskelkater zu verspüren. Doch abgesehen davon solltest Du nach einer harten Trainingseinheit irgendetwas spüren.
  3. Die meisten Menschen erleben einen stärkeren Muskelkater, wenn sie diäten, aber das bedeutet nicht, dass sie mehr Muskeln aufbauen.
  4. Um den Muskelkater zu reduzieren und während einer Diät optimal Muskeln aufzubauen oder aufrecht zu erhalten, solltest Du Deine Kalorien während der meisten Zeit des Tages reduzieren, aber Deine Kalorienzufuhr vor, während und nach Deinem Training erhöhen

 

Eine Hassliebe

Solltest Du eine Muskelgruppe oder eine Übung trainieren, wenn Du von Deiner letzten Trainingseinheit immer noch einen Muskelkater verspürst? Wenn ja, sollte das Training anders ausfallen?

Wenn Du nach einer Trainingseinheit keinen Muskelkater verspürst, bedeutet dies dann, dass die Trainingseinheit nichts gebracht hat? Oder ist ein Muskelkater ein schlechtes Zeichen, wie manche Trainer behaupten? Für uns Kraftsportler ist einen Muskelkater zu bekommen etwas, das wir lieben gelernt haben, weil wir einen Muskelkater mit einer produktiven Trainingseinheit verbinden. Aber ein Muskelkater ist auch etwas, das wir hassen, da er unser Training behindern kann. Ich könnte jetzt eine super wissenschaftliche Abhandlung verfassen, die sich detailliert mit den spezifischen physiologischen Phänomenen auseinandersetzt, die auftreten, wenn Du einen Muskelkater bekommst, aber halten wir diesen Artikel lieber praxisorientiert. Hier ist meine Meinung basierend auf den Erfahrungen von mir und den Erfahrungen meiner Sportler und Bodybuilder.

Was ist ein Muskelkater?

Ein verzögert einsetzender Muskelkater (Delayed Onset Muscle Soreness, kurz DOMS) wird im Allgemeinen als lokaler Schmerz in einem trainierten Muskel angesehen, der durch Muskelschäden hervorgerufen wird, die während des Trainings zustande gekommen sind.

Ein verzögert einsetzender Muskelkater beginnt abhängig vom Individuum 12 bis 72 Stunden nach dem Training. Diese Beschwerden werden von Schwellungen (der Muskel sieht fast wie aufgepumpt aus), Steifheit in den betroffenen Gelenken und einem möglichen Verlust an Kraft und Dehnbarkeit – und somit auch einer reduzierten Beweglichkeit des Muskels – begleitet.

Mit anderen Worten ausgedrückt besagt die allgemein akzeptierte Theorie, dass Du, wenn Du mit Gewichten trainierst, so genannte Mikrotraumata in den Zielmuskeln hervorrufst, welche im Grunde genommen kleine Verletzungen darstellen und somit zu Entzündungen und Schmerz/Druckempfindlichkeit führen.

Methoden, die die meisten Muskeltraumata verursachen – betonte Negativwiederholungen, Stoßabsorption, das Bewegen sehr fordernder Gewichte bei mehreren Versuchen - werden zum stärksten Muskelkater führen.

Auch wenn dies zum größten Teil zutreffend ist, ist das Thema noch etwas komplexer.

Muskulös ohne je einen Muskelkater zu verspüren

Ich trainiere einen IFBB Profibodybuilder, der noch nie einen Muskelkater in seinen Bizeps verspürt hat – und er hat sehr große Bizeps. Er bekam zum ersten Mal einen Muskelkater, als wir ein Okklusionstraining mit sehr leichten Gewichten und keinerlei Betonung eines bestimmten Tempos verwendeten.

Ein Training mit Gewichten ohne Betonung der exzentrischen (negativen) Phase der Bewegung oder abrupte Stopps der Bewegung mit nachfolgenden Änderungen der Bewegungsrichtung sollte nicht viele Muskelschäden hervorrufen. Die mechanische Belastung selbst ist gering. Aber trotzdem war es der Typ von Training, der ihm zum ersten Mal in seinem Leben einen Muskelkater in seinen Bizeps bescherte.

Genauso verspüren viele Bodybuilder einen stärkeren Muskelkater im Latissimus, wenn sie ein leichtes Training mit konstanter Spannung und einer maximalen Kontraktion am höchsten Punkt der Bewegung ausführen, als wenn sie den Latissimus mir schweren Gewichten trainieren. Also auch wenn Mikrotraumata in der Tat einen Muskelkater hervorrufen können, kann auch eine einfache Anregung des katabolen-anabolen Prozesses unabhängig von den tatsächlichen Muskelbeschädigungen einen Muskelkater hervorrufen.

In Grunde genommen gilt, dass Dein Körper einen Muskel schneller oder stärker machen wird, wenn Du diesen Muskel ausreichend oder mit der richtigen Form von Stress stimulierst. Das Herbeiführen von Muskelbeschädigungen durch schweres Training ist ein offensichtlicher Weg, dies zu tun, aber dies ist nicht notwendigerweise der einzige Weg.

Langsame exzentrische Wiederholungen können z.B. selbst bei Verwendung leichter Gewichte ein Wachstum über eine Aktivierung des mTOR Pfadweges anregen. Auch ein Okklusionstraining, bei dem die Blutzufuhr zum trainierten Muskel beschränkt wird, kann ein Wachstum über eine Akkumulation von Stoffwechselprodukten innerhalb des Muskels anregen und dem Muskel Sauerstoff vorenthalten – zwei Dinge, die zu einer verstärkten lokalen Ausschüttung von Wachstumsfaktoren wie IGF-1 führen. In beiden Fällen kannst Du den Muskelaufbauprozess ohne ein Hervorrufen von Mikrotraumata initiieren. Und bei beiden dieser Methoden wird der Trainierende einen Muskelkater verspüren. Ein Muskelkater ist mehr als einfach nur Schmerz, der mit einer physikalischen Verletzung der Muskeln in Verbindung steht. Ein Muskelkater ist etwas, was Dein Körper während eines Abbaus von Protein und eines Proteinaufbaus (Muskelaufbau) nach dem Training verspürt, wenn die Menge an Arbeit, die Du verrichtet hast, das überschritten hat, was Dein Körper gewöhnt ist.

Ich habe einen Muskelkater! Bedeutet dies, dass ich eine gute Trainingseinheit hatte?

Die meisten von uns haben den Muskelkater lieben gelernt. Wir glauben, dass ein Muskelkater uns sagt, dass wir etwas getan haben, das zu einem Wachstum oder zu Fortschritten führen wird. Diese Wahrnehmung wird durch die Tatsache verstärkt, dass die Phasen, während denen wir den stärksten Muskelkater verspüren, normalerweise auch die Phasen sind, während denen wir das stärkste Muskelwachstum verzeichnen können. Wenn Du z.B. gerade erst mit dem Training begonnen hast, dann kann Dich die einfachste Trainingseinheit für Tage außer Gefecht setzen. Ich hatte in der Tat schon Klienten, die am Tag nach einer Trainingseinheit ins Krankenhaus gefahren sind, weil sie gedacht haben, dass sie sich verletzt hätten!

Dasselbe geschieht, wenn Du nach einer Trainingspause wieder mit dem Training beginnst: Du bekommst einen stärkeren Muskelkater als normalerweise und baust gleichzeitig auch schneller Muskeln auf (wobei es sich hierbei primär um Muskeln handelt, die Du während der Trainingspause verloren hast und die Du jetzt wieder aufbaust). So etwas kann auch dann geschehen, wenn Du zu einem völlig anderen Trainingsstil übergehst, was auch zu schnellen Zuwächsen führen kann. Aber ist ein Muskelkater notwendigerweise ein Indikator dafür, dass Du Muskeln aufbauen wirst? Und ist ein ausbleibender Muskelkater ein Indikator dafür, dass Deine Trainingseinheit reine Zeitverschwendung war?

Die Antwort lautet in beiden Fällen „nein“.

Hier ein Zitat von Matt Perryman zu diesem Thema: "Es bedeutet lediglich, dass Du die augenblickliche Arbeitskapazität Deines Körpers überschritten hast – sei es im Bereich der Intensität, der Dauer oder in beiden.“ Wenn Du ein Anfänger bist oder nach einer Pause wieder mit dem Training beginnst, dann wird Dein Körper umso besser darin, Training zu tolerieren, je mehr Du trainierst. In diesen Fällen bedeutet ein Muskelkater also nicht, dass Du ein neues Muskelwachstum stimulierst – es bedeutet lediglich, dass es Dein Körper nicht gewöhnt ist, mit dieser Menge an körperlichem Stress umzugehen. Dies führt zu einem biologischen Zustand, in dem Dein Körper seine Ressourcen mobilisiert, um darum zu kämpfen, sein Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Dasselbe ist bis zu einem gewissen Grad wahr, wenn Du zu einem neuen Trainingsprogramm oder zu einer neuen Übung übergehst. Es könnte sein, dass Dein Körper nicht an diesen Typ der Belastung gewöhnt ist. Deshalb ist Dein Körper nicht effizient darin, mit dieser Belastung umzugehen, weshalb Du einen etwas stärkeren Muskelkater als normalerweise verspürst.

Diät und Muskelkater

Wenn Du jemals hart diätet hast, um super schlank zu werden, dann weißt Du, dass Du, wenn Du Deine Kalorien und Nährstoffe signifikant reduzierst, dazu neigst, einen stärkeren Muskelkater als normalerweise zu bekommen und dass dieser Muskelkater auch länger andauern wird. Bedeutet dies, dass Du mehr Muskeln aufbaust, während Du diätest? Natürlich nicht! Es bedeutet, dass Deine Kapazität mit einer körperlichen Last zurecht zu kommen, aufgrund der Reduzierung der Kalorienzufuhr abgenommen hat. Aus demselben Grund kann eine inadäquate Nährstoffzufuhr im Zeitfenster rund um Deine Trainingseinheit einen Muskelkater verstärken, indem sie Deinen Körper weniger gut „ausgestattet“ macht, um der körperlichen Arbeit widerstehen und mit ihr umgehen zu können. Wenn Du Deinen Muskelkater reduzieren möchtest, ist es deshalb sehr wichtig sicherzustellen, dass Du genügend Nährstoffe zu Dir nimmst.

Wenn Dein Ziel nun darin besteht Fett zu verlieren, dann wirst Du wahrscheinlich keine andere Wahl haben, als ein Kaloriendefizit einzuhalten. In diesem Fall wird es umso wichtiger, in ein angemessenes Pre-, Intra- und Post-Workout Ernährungs- und Supplementprotokoll zu investieren. Hierdurch kannst Du sicherstellen, dass Du während der Zeit rund um Dein Training über die nötigen Nährstoffe und Elektrolyte verfügst, um mit dem Stress Deiner Trainingseinheit zurecht zu kommen.

Was sollte ich nach dem Training fühlen?

Die Wahrnehmung besitzt eine starke Wirkung. Es ist leicht Verbindungen herzustellen, die nicht wirklich auf dem basieren, was Du erlebst. Wenn Du weiter fortgeschritten bist, dann wirst Du dazu neigen, weniger Muskelkater zu verspüren. Eine Menge sehr weit fortgeschrittener Sportler und Bodybuilder verspüren nach dem Training fast nie einen Muskelkater. Ihr Körper ist so an das Training gewöhnt, dass sie ihre Muskeln nur sehr selten stark genug traumatisieren – sprich beschädigen – um die Stressreaktion hervorzurufen, die zu einem mörderischen Muskelkater führen wird.

Mit zunehmender Erfahrung wird Dein Körper im Hinblick auf das Gefühl des Schmerzes desensibilisiert. Deshalb repräsentiert der Grad des Muskelkaters, den Du verspürst nicht notwendigerweise die Zuwächse, die Du erzielen wirst. Genauso bedeutet ein ausbleibender Muskelkater nicht, dass Du nicht optimal Zuwächse stimuliert hast.

Am Tag nach einer guten Trainingseinheit solltest Du jedoch etwas angeschwollene Muskeln haben, die sich etwas straffer und härter anfühlen und Du solltest Dir dieser Muskeln mehr bewusst sein. Wenn sich ein Muskel, den Du trainiert hast am Tag nach dem Training normal oder sogar „flach“ anfühlt dann bedeutet dies nach meiner Erfahrung, dass Du ihn nicht richtig stimuliert hast, oder dass Du ihm nicht ausreichend Nährstoffe gegeben hast, um optimal zu wachsen.

Die Nachteile eines Muskelkaters

Vor ein paar Monaten habe ich einen irren Komplex durchgeführt, der aus Folgendem bestand:

  • A1.   Akzentuierte exzentrische Speed Kniebeugen mit 295 Pfund auf der Stange plus 90 Pfund an Ketten und 120 Pfund an Gewichtsentlastern während der exzentrischen Phase.
  • A2.   Sprungkniebeugen mit 135 Pfund
  • A3.   Tiefensprünge

 

Hiervon habe ich 6 Runden durchgeführt.

Ich dachte wirklich, dass ich etwas Solides getan hätte. Aber das Problem war, dass ich in meinen Beinen einen so starken Muskelkater bekam, dass ich 7 Tage lang nicht einmal eine Viertel Kniebeugenbewegung ohne Gewichte ausführen konnte! Und nach 12 Tagen hatte meine Beinkraft noch nicht wieder ihren normalen Wert erreicht. In diesem Fall hatte der Muskelkater einen negativen Einfluss auf mein Training – sowohl aufgrund des reduzierten Bewegungsraumes, als auch augrund der reduzierten Kraft. Ich konnte weder ein Unterkörpertraining noch meine olympischen Gewichtheberübungen ausführen! Es beeinträchtigte sogar meine Push Presses und mein Schulterdrücken stehend, da bereits einfach nur mit einem Gewicht aufzustehen schmerzhaft war.

Dies ist ein extremer Fall, doch selbst wenn er nicht diesen Grad erreicht, kann ein exzessiver Muskelkater Dein Training beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere für Sportler, die sich frei und schnell bewegen müssen.

Manchmal kann Dich ein Muskelkater daran hindern, die korrekte Position bei einer Übung einzunehmen und hierdurch die Ausführung einer Übung weniger effizient machen. Und das Ausführen einer Übung mit einer schlechten Form kann zu schlechten motorischen Angewohnheiten führen. Selbst wenn ein Muskelkater für einen Hardcore Trainingsjunkie ein angenehmes Gefühl sein kann, versuche ich doch den Muskelkater zu minimieren, so dass meine allgemeine Trainingsqualität gesteigert werden kann.

Es besteht also kein Zweifel daran, dass ein Muskelkater Dein Training behindern kann. Wenn Du ein Bodybuilder bist, der einen Split nach Muskelgruppen verwendet, wird dies weniger problematisch als bei einem Sportler sein, der zumindest die Hälfte seines Körpers während jeder Trainingseinheit trainiert oder Ganzkörperübungen verwendet.

Muskelkater: Lebe damit

Extreme Maßnahmen zur Linderung der Schmerzen, wie eine Verwendung nichtsteroidaler Entzündungshemmer wie Aspirin, zu ergreifen, ist eine schlechte Idee. Es konnte gezeigt werden, dass Diese Medikamente die Rate der Regeneration nach dem Training beeinträchtigen können, da sie einige der Signale überdecken, die den Aufbau- und Reparaturprozess initiieren. Ich bin auch gegen die Verwendung von Regenerationsmaßnahmen...zumindest am Anfang. Hiermit meine ich Eisbäder, Wechselduschen und ähnliches. Sobald Du einen recht weit fortgeschrittenen Status erreicht hast und Du Dich gut an das Training angepasst hast, ist es in Ordnung diese zu verwenden. Wenn Du jedoch noch dabei bist, Deine Kapazität zur Tolerierung von Stress aufzubauen, dann solltest Du nicht viele Hilfsmittel verwenden, die die Regeneration künstlich beschleunigen. Zwinge Deinen Körper dazu, gut darin zu werden, mit körperlichem Stress zurecht zu kommen und sich davon zu erholen!

Was das Training angeht, wirst Du umso schneller gut darin werden, Trainingsstress zu tolerieren, je häufiger Du trainierst – und je häufiger Du einen Muskel trainierst. Indem Du öfter mit weniger Volumen trainierst, wirst Du dazu in der Lage sein häufiger zu trainieren, ohne einen Muskelkater zu bekommen.

Beweglichkeitstraining am Ende einer Trainingseinheit ist auch eine gute Idee. Hiermit meine ich keine Dehnübungen, sondern dynamisches Beweglichkeitstraining. Wenn Du über die notwendige Zeit verfügst, würde ich ein paar Stunden nach dem Training folgendes empfehlen: Gehen, Radfahren oder die Ausführung einer moderaten körperlichen Aktivität, um den Blutfluss zu den Muskeln zu steigern. Dies ist besonders effektiv, wenn Dein Blut mit Nährstoffen überladen ist (ein gutes Post Workout Produkt wäre an dieser Stelle eine gute Option), da diese Nährstoffe dann in die Muskeln geschleust werden, die diese für ihre Reparatur benötigen.

Kann ich einen Muskel trainieren, in dem ich immer noch einen Muskelkater verspüre?

Hier ist das, was wir bisher wissen:

  1. Die Stärke des gefühlten Muskelkaters ist nicht notwendigerweise ein Indikator für die Qualität Deiner Trainingseinheit.
  2. Selbst wenn Du keinen Muskelkater verspürst, bedeutet dies nicht, dass Deine Trainingseinheit nicht optimal war.
  3. Wenn Du nicht zumindest ein etwas angespanntes/strafferes Gefühl in dem Muskel verspürst, den Du trainiert hast, dann ist es möglich, dass Deine Trainingseinheit nicht so effektiv war, wie sie hätte sein können.
  4. Ein exzessiver Muskelkater kann Probleme bezüglich der Leistungsfähigkeit verursachen, indem er Deine Beweglichkeit und/oder Deine Kraft reduziert. Ein zu starker Muskelkater kann die Produktivität der folgenden Trainingseinheit(en) beeinträchtigen.

 

Doch jetzt lautet die Frage, ob wir einen Muskel trainieren können, in dem wir immer noch einen Muskelkater verspüren.

Zuerst einmal gibt es mehrere Grade der Intensität eines Muskelkaters. Manchmal kann sich ein Muskel etwas schmerzhaft anfühlen, aber es ist keine Muskelschwellung vorhanden. Der Muskel sieht lediglich etwas härter als normalerweise aus und fühlt sich auch härter an. Er kann etwas druckempfindlich sein, aber es kommt zu keinem echten Verlust an Beweglichkeit oder Kraft. Zu anderen Zeiten kann ein Muskelkater so extrem sein, dass Deine Beweglichkeit und Deine Kraft ernsthaft beeinträchtigt sind. In diesem Fall wird der Muskelkater Dein Training behindern, weshalb es ein Fehler wäre, den Muskel erneut hart zu trainieren. Wenn der Muskelkater nun nicht so intensiv ist, dass er Deine Kapazität Leistungen auf einem adäquaten Niveau zu erbringen behindert, ist es völlig in Ordnung – und sogar ratsam – mit Übungen zu trainieren, die den betroffenen Muskel verwenden. Warum? Weil ein gesteigerter Blutfluss und Nährstoffstransport zu diesem Muskel die Regeneration beschleunigen kann. Die Durchführung einer Trainingseinheit, die auf einen solchen gesteigerten Blutfluss und Nährstoffstransport abzielt, am Tag nach einer intensiven Trainingseinheit ist sehr effektiv.

Mit einer solchen Trainingseinheit meine ich die Durchführung eines Pumptrainings für den Muskel, in dem Du einen Muskelkater verspürst – ein leichtes Training, das sich auf die Qualität der Kontraktion und das Generieren eines Pumps konzentriert. Dieses Training wird das Gewebe nicht weiter beschädigen, wird aber die Geschwindigkeit der Regeneration und der Reparatur durch eine Steigerung der Nährstoffaufnahme und der Proteinsynthese (und eine Vielzahl anderer Vorzüge, die Zytokine und den Reparaturprozess umfassen) erhöhen. Ich führe gerne schweres Krafttraining mit einer Grundübung an einem Tag und ein Isolationstraining für die Muskeln, die an dieser Übung beteiligt waren, zu Beginn der Trainingseinheit des nächsten Tages aus.

Training mit gesteigertem Feedback (Enhanced Feedback Training)

Ein Bereich, bei dem Du den Muskelkater zu Deinem Vorteil nutzen kannst, ist ein so genanntes Enhanced Feedback Training – auf Deutsch etwa “Training mit gesteigertem Feedback”. Wenn es darum geht, dazu in der Lage zu sein, eine spezifische Muskelgruppe dazu anzuregen, zu wachsen, dann besteht der erste Schritt darin zu lernen, wie man diese Muskelgruppe maximal rekrutieren und bei Übungen involvieren kann.

Ich sehe eine Menge Anfänger die Frage stellen, wo sie eine spezifische Übung spüren sollen, wenn sie diese ausführen. Häufig spüren sie die Muskeln, die die Arbeit verrichten, nicht wirklich – sie fühlen nicht die harte Kontraktion, die genutzt wird, um Spannung und Kraft zu produzieren. Und wenn ich einen Muskel nicht richtig spüren kann, dann kann ich ihn nicht zum Wachsen bringen – zumindest nicht maximal.

Dasselbe gilt häufig auch bei weiter fortgeschrittenen Trainierenden, die einen der Muskeln, die an einer Mehrgelenksübung beteiligt sind, nicht arbeiten spüren können. Sie könnten z.B. ihre vorderen Schultermuskeln und ihre Trizeps während des Bankdrückens spüren, nicht jedoch ihre Brustmuskeln. In diesem Fall ist zu lernen, die „schwächere“ Kontraktion dieses Muskels während der Übungsausführung zu spüren, der erste Schritt auf dem Weg zum Ausgleich einer Schwäche, die sie zurückhält.

Einer der Vorzüge eines Muskelkaters ist, dass Du Dir des betroffenen Muskels stärker bewusst wird. Selbst im Ruhezustand wirst Du in stärker spüren. Es überrascht deshalb nicht, dass Du während der Ausführung einer Übung den von einem Muskelkater betroffenen Muskel deutlich spüren wirst. Dies ist etwas, das die Geist-Muskel Verbindung verbessern wird und repräsentiert deshalb eine Investition in zukünftige Zuwächse, die Du aufgrund dieser verbesserten Geist-Muskel Verbindung anregen kannst.

Wird das Training eines Muskels, in dem Du einen Muskelkater verspürst, den Reparaturprozess unterbrechen?

Das ist eine berechtigte Frage, aber die Antwort lautet “nein.”
Studien haben gezeigt, dass eine zweite Trainingseinheit für eine Muskelgruppe (bevor der Muskel sich vollständig regeneriert hat) Marker für den Reparaturprozess inklusive der Proteinsynthese nicht stört oder unterbricht.

Die Reparatur eines Muskels ist nichts, was über eine spezifische Zeitspanne abläuft. Dein Körper repariert und verändert seine Struktur kontinuierlich. Es ist nicht so wie: zerstöre den Muskel während des Trainings, repariere ihn während der folgenden Trainingspause und wenn der Reparaturprozess/das Wachstum abgeschlossen ist, dann endet der Gesamtprozess. Nein, in Deinen Muskeln läuft ein kontinuierlicher Prozess des Proteinauf- und -abbaus statt. Siehe die Reparatur als etwas an, das 24 Stunden pro Tag an 7 Tagen pro Woche abläuft. Der Körper „arbeitet“ kontinuierlich an seinen Muskeln. Das Training eines Muskels, in dem Du einen Muskelkater verspürst, stoppt oder verzögert den Reparaturprozess nicht – es verändert einfach nur die Aufgaben, die im Verlauf dieses Reparaturprozesses ausgeführt werden müssen.

Natürlich ist es ganz offensichtlich am besten, einen Muskel in Ruhe zu lassen, in dem Du einen sehr starken Muskelkater verspürst...zumindest fast. Etwas leichte körperliche Aktivität wird die Regeneration beschleunigen. Selbst straffes Gehen wird helfen. Siehe diese leichte körperliche Aktivität als einen Weg an, den Blutfluss zu steigern und Nährstoffe zu den Muskeln zu transportieren.

Bleibe objektiv und wachse

Eine Menge Menschen verwenden einen Muskelkater, um ihre Trainingsleistungen zu beurteilen und sie streben kontinuierlich danach, einen extremen Muskelkater zu erreichen. Wenn Sie keinen Muskelkater bekommen, dann trainieren sie noch härter und intensiver, was häufig zu Trainingsbelastungen führt, die das übersteigen, wovon sich ihr Körper optimal regenerieren kann. Dies führt zu Stagnation und Frustration. Wenn Du den Muskelkater ein bisschen besser verstehst, wird dies Dir helfen, bei Deinem Training objektiver zu bleiben.

Von Christian Thibaudeau
Quelle: https://www.t-nation.com/training/truth-about-soreness

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